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FüllLruss; Einige Wahrträume und Verwandtes. 151
ein furchtbarer Schneesturm, der zwei Tage und Nächte
lang wüthete, gestattete nicht, zu einem weiter entfernt
wohnenden zu schicken. Die drei anderen Kinder blieben
gesund. Was war's?
Einige Wahrträume und Verwandtes.
Von Fräulein Anlaste Fiillkrnss.*)
Auf Ihren Wunsch erlaube ich mir, Ihnen einige
seltsame Erlebnisse aus meinem Leben mitzutheilen. Ich
war noch nicht vierzehn Jahre alt und damals (1836) bei
einer Schwester meines Yaters, der verw. Frau Kaufmann
Litzkendorf in Leipzig, da träumte mir so deutlich, als ob
ich wache, dass zwei Männer meine gute selige Mutter
getragen brachten; sie hatten dieselbe aus dem Wasser
gezogen, rechts und links waren uns gehörige Kornfelder,
fast reif zur Ernte, auf einem grünen Rain war dazwischen
der Weg. Auf dem Grase hin schleppte ihr schönes langes
Haar von Wasser triefend. Mein ältester Bruder, damals
zehn Jahr alt, trug die Enden desselben in seinen
Händchen. Gott Lob, dass der Traum sich nicht erfüllte!
Aber ich vergass ihn niemals bis zur Stunde, wo ich dies
erzähle. 1860, kurz vor meiner guten Mutter Tode, erzählte
ich ihr meinen Traum, — da sagte sie: — „Das habe ich
damals thun wollen, aber der liebe Gott hat mich davor
behütet," Als sie den Rain entlang gegangen war, hörte
sie hinter sich, laut weinend und, die Mutter rufend, ihr
jüngstes Töchterchen, kaum vier Jahre alt, eiligst ihr nachgelaufen
kommen. Das Schreien des armen kleinen Wesens
hatte sie wieder zu sich gebracht. Der Grund war die
gehässige Art, mit der eine Verwandte meines Vaters sie
behandelt hatte. —
Im Jahre 185G träumte mir von einem uns allen sehr
lieben Verwandten, — wir hatten fast zehn Jahre nichts
von ihm und seiner Familie gehört, — dass derselbe
ertrank; ich sah ein weites endloses Meer vor mir, er streckte
in der Todesangst mir beide Hände entgegen, aber ich
konnte ihn rieht erreichen. Um des sonderbaren Traumes
willen erkundigte ich mich; da schrieb mir sein Bruder,
dass meine Befürchtungen grundlos seien; sein Bruder wäre
*) Diese ehrenwerthe Dame zu Gr, in Preuss. Sachsen ist eine
nahe Verwandte der verwittweten Beamtenfrau in Leipzig, welcher
wir die Kurze Notiz sub c): — „Vollständige Entrückung des Körpers
mit der im Trance wandernden Seele" — im September-Heft 1891 der
„Psych. Stud." S. 441 ff. verdanken. — Der Sekr. d. Red.
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