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156 Psychische Studien. XIX. Jahrg. 4. Heft. (April 1892.)
dritten Pfingstfeiertage findet alljährlich auf dem sehr
geräumigen Burgplatz eine Art Jahrmarktsfest statt. Ein
Fenster des Rittersaales an der Westseite der Burg, in
schwindelnder Höhe über dem Felsen, wird als der Ort
bezeichnet, wo ein katholischer Priester 1641 während der
Belagerung durch die Kaiserlichen zur Strafe für versuchten
Verrath von den Schweden in die Tiefe gestürzt wurde,
in der er begraben liegt: sein Geist soll noch jetzt keine
Ruhe haben und dort umgehen. Man spricht auch von
Schätzen, die Torstensohn in einem Keller zusammenhäufte
und bei dem Brande der Burg zurücklassen musste. Der
Burgberg liegt eine Stunde südöstlich von Kupferberg,
nordwestlich von Waithersdorf. In weitem Bogen rauscht
um ihn der von Landshut herabkommende Bober von
Rudelstadt über Kupferberg nach Hirschberg zu.
Nun noch Eins: auf welche wunderbare Weise ein
Verwandter von mir vor dem furchtbaren Eisenbahnunglück
zwischen Glauchau und Meerane, bei dem kleinen Orte
Schönbörnichen, vor längeren Jahren bewahrt worden ist,
wo so viele Menschen verunglückten und gleich todt waren.
Es waren damals zwei Züge: der eine von Zwickau, der
andere von Hof und Meerane kommend, zusammengestossen.
Mein Verwandter, ein älterer Herr, Namens Carl Metz, kam
öfters auf seiner Durchreise nach Chemnitz über Glauchau,
wo er mich besuchte und mir Nachstehendes erzählte. Er
war, von Hof kommend, mit dem genannten Unglückszuge
in einem Wagen dritter Klasse für Nichtraucher mit einem
jungen Ehepaar zusammen allein gewesen. Auf einmal stösst
die Dame einen Schrei aus und zeigt nach dem Fenster,
und alle Drei sehen das leichenblasse Gesicht eines
Kondukteurs am Fenster, was aber im nächsten Augenblicke
verschwunden ist. Alle Drei haben nicht anders
geglaubt, als es sei einer der Schaffner abgestürzt, haben
das Fenster geöffnet, um vielleicht etwas zu sehen, was aber
in der Dunkelheit nicht möglich gewesen sei. In Plauen
angekommen, sind alle Drei ausgestiegen, um Erkundigungen
einzuziehen; doch es hatte vom Bahnpersonal Niemand
gefehlt. Von dem gehabten Schrecken war die Dame so
erregt gewesen, dass sie erklärt hat, nicht weiter fahren,
und am genannten Ort bis zum anderen Morgen übernachten
zu wollen. Daraufhin war auch meinem Verwandten
die Lust, allein weiter zu fahren, vergangen; er blieb
gleichfalls zurück. Nach wenigen Stunden geschah das
Unglück! Ist dies nicht eine wunderbare Fügung gewesen ?
Eine andere Erinnerung aus meiner Jugend will ich
Ihnen auch noch mittheilen. Ich hatte eine Freundin, die
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