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Wittig: Der Leipziger Geisterbeschwörer Schrepfer. 161
Schauspiel, das damit angekündigt würde, — doch alles
blieb still. Jetzt trat man näher und sah Schrepfer auf
der Erde in seinem Blute liegen: er hatte sich mit einem
Terzerol in den Mund geschossen. — Noch in seinen letzten
Briefen hatte er Andeutungen gegeben, dass eine fremde
Hand für ihn zahlen werde, doch nichts derartiges geschah.
In dem Kistchen des Frankfurter Bankhauses fanden sich
werthlose Zettel und — Erde: die vornehmen Dresdener
Brüder hatten das Nachsehen. (Und der am meisten mit
erschütterte und betrogene von Bischofswerder sollte alsdann
Schrepfer^ Gaukeleien, wenn es solche waren, mit Absicht
in Berlin unter Friedrich Wilhelm IL fortgesetzt haben ? Das
glaube, wer es glauben kann und die Lebensgeschichte B.'s
näher kennt!*) — Refer.) Das Volk aber glaubte an
Schrepfer^ Zaubermacht, und es hiess, er sei keines natürlichen
Todes gestorben; man habe ihn unverletzt und die
Kugel in seinem Munde gefunden, er sei durch die Macht
seiner Geister der Erde entrückt worden." — Auch diese
Wendung halten wir nur für eine dichterische Erfindung
des Herrn von Gottschall Das Volk dürfte ihn aber schwerlich
durch die Zaubermacht seiner Geister für der Erde entrückt
geglaubt haben, sondern weit eher, dass dem Freimaurer
und Zauberer der Teufel die Pistole in den Mund abgedeckt
habe! So lautete der damalige Volksglaube wohl
auch unter Protestanten.
Wenn Herr Gottschall endet: — „Es ist ein trauriges
Bild, welches uns dieser kurze Lebensabriss Schrepfer^
bietet; der Aberglaube und die Leichtgläubigkeit bei Hoch
und Gering, welche zu jener Zeit in Deutschland herrschten,
treten uns hier in greller Beleuchtung entgegen. Wohl ist
eine Existenz wie diejenige Schrepfer1^ heutzutage nicht
möglich; aber es fehlt doch auch in unserer besseren
Gegenwart nicht an einzelnen Spuren, welche es angezeigt
erscheinen lassen, ihr einmal wieder ein warnendes Beispiel
aus den Tagen der Cagliostro und Saint Germain vorzuhalten",
— so finden wir das traurige Bild jener und unserer Zeit
nicht darin, dass man dergleichen seltsame Vorgänge überhaupt
beobachtete, sondern darin, dass man ihnen grundfalsche
Deutungen unterschob, wie noch heute. Die
Behauptung, eine Existenz wie diejenige Schrepfer^ sei
heutzutage nicht mehr möglich, widerlegt sich durch einen
blossen Hinweis auf die Medien Home und Stade, von denen
der erstere selbst bis in das kaiserliche Lager von Versailles
*) Wir verweisen hierüber auf unsere früheren Artikel in
„Psych. Stud." Juli-Heft 1887 S. 325 ff. — Der Sekr. d. Ked.
Psychische Stadien. April 1892. H
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