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Kurze Notizen.
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werthe Unverwundbarkeit documentirte bei seiner
gestrigen ersten Vorführung in Castan's Panoptikum der
Araber Soliman ben Aissa, welcher in dem genannten
Etablissement die bisher in Europa noch nicht gesehenen
Kunststücke der arabischen Sauya in Marokko, der türkischen
Derwische und der indischen Fakire vorführt. Diese
bringen sich bei gewissen Gelegenheiten aus religiösem
Fanatismus mit scharfen Instrumenten allerhand Verwundungen
bei, die aber — und das ist das Merkwürdige
— weder eine Blutung erzeugen, noch Spuren hinterlassen.
Der merkwürdige Araber durchbohrte sich mit starken
Nadeln die Wangen, die Zunge und die Kehle, stiess sich
einen Säbel mit solcher Wucht in den Körper, dass man
meinte, er wolle sich mitten durchschneiden, und trotzdem
Nadeln und Klinge tief eindrangen, floss kein Tropfen Blut.
Ebenso unempfindlich erwies sich Soliman gegen das Feuer,
denn er setzte verschiedene seiner Körpertheile einer
scharfen Flamme aus, ohne den geringsten Schmerz zu
empfinden, wie er versicherte. Auch gegen den Biss giftiger
Schlangen zeigte der Wundermensch sich gefeit, der auf
Befragen über das „Wie" erklärte, er bewirke das Alles
durch seine Willenskraft; er wolle einfach nicht bluten,
bezw. Schmerzen empfinden, und so geschehe es. Nun, am
guten Willen dürfte es wohl Niemanden fehlen, ob dieser
aber auch bei anderen genügen dürfte, die in der That
wunderbar erscheinende Unverwundbarkeit zu erzielen, das
möchten wir doch bezweifeln. („Wiesbadener General-
Anzeiger.") — Vielleicht glauben jetzt manche frühere
Zweifler an Dr. William Baker Fahnestock's — „Statuvolence
oder den gewollten Zustand" (Leipzig, Oswald Mutze,
1884) — etwas bereitwilliger? Vergl. Kurze Notizen e) und
f) im März-Heft 1892. Eine neuerdings durch die Blätter
gehende ganz natürliche Erklärung dieser Proceduren durch
angeblich vorgestochene Löcher u. s. w., auf die wir im
nächsten Hefte zurückzukommen gedenken, halten wir vorläufig
noch für eine nur allzu durchsichtige und absichtliche
Erfindung der Gegner räthselhafter Erscheinungen des
Seelen- und Nervenlebens. Auch Mrs. Abbott könnte ja
ähnlich leicht erklärt werden, wenn nur die verschiedenen
tatsächlichen Nebenumstände dabei eine solche phantasiereiche
und leichte Abfertigung zuliessen.
j) Gegen den bösen Blick. — In Italien hängt man
zum Schutze gegen den bösen Blick noch heute ein Stückchen
Dachsfell, womöglich Euszstück mit drei Zehen daran, um
den Hals, oder auch ein seidenes Säckchen an den IPuss,
dessen Inhalt aus drei Olivenblättern, drei Getreidekörnern,
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