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208 Psychische Studien. XIX. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1892.)
Mutter), dem Zwillingsbruder meiner Mutter 'Anton und
einem erst im vorhergehenden Jahre 1812 geborenen
Söhnlein Joseph vor dem von Goldberg und Seiehau her
vordringenden rechten Flügel der Franzosen aus ihrem bis
zum 26. August 1813 von den Russen unter General
Langeron bis an den Plinsebach hin besetzten Heimathsorte
Hennersdorf sich gemeinsam mit den Bussen gegen Mittag
12 Uhr nach Hermannsdorf, ihrem Geburtsorte, hatte
zurückziehen müssen. Die Hauptlinie der Russen erstreckte
sich von dem an dem linken Ufer der in tiefen ßergschluchten
dahinrasenden „Wüthenden Neisse" hoch gelegenen Dorfe
Schlaup quer über Hennersdorf hinauf bis an den über eine
Quadratmeile weithin die Jauerschen Berge bedeckenden
Mönchswald am nordwestlichen Fusse des 487 Meter hohen
Hessberges. Die Russen mussten bis 3 Uhr Nachmittags
vor dem 20,000 Mann starken 5. Corps des französischen
Generals Laurision, hartnäckigen Widerstand in Hennersdorf
wie Hermannsdorf leistend, langsam bis hinter die Höhen
des Weinbergs und Steinbergs bei Peterwitz zurückweichen.
Vorher gab es aber einen gewaltigen Artilieriekampf, eine
französische Batterie vor Hermannsdoif von 40 Kanonen
brachte sogar die russische Artillerie eine Zeit lang zum
Schweigen. Aber zwischen 3 und 4 Uhr gingen die Russen
wieder vorwärts, erstürmten die vorgenannten, von den
Franzosen besetzten Berge und trieben die Gegner über
Hermannsdorf und Hennersdorf Schritt für Schritt bis gegen
Abend in ihre alte Position am Morgen bei Seiehau zurück.
Die arme Grossmutter befand sich mit ihren 4 Kindern
allein und rathlos im Gehöfte eines Verwandten zu
Hermannsdorf. Der zur Zeit 39jährige Grossvater, Freihäusler
Ignaz Goebel zu Hennersdorf, der als übst- und
Milchpächter im ganzen Jauerschen Kreise bekannt war,
war schon vorher über sechs Wochen lang von den Russen
und Preussen wider seinen Willen gewaltsam zu Schaoz-
und Wallarbeiten zuerst vor die von ihnen belagerte Festung
Gross-Glogau und dann vor das in neuen Verteidigungszustand
zu setzende „schwarze'4 Schweidnitz requirirt und
mitforttransportirt worden und kaum erst vor einigen Tagen
heimgekehrt. Als die Franzosen von Löwenberg und
Goldberg her anrückten und Blücher sich vor ihnen bis
Jauer zurückzog, hielt sich der Grossvater auf den Rath
der Grossmutter in einem Orte jenseits des Mönchswaldes,
in Wilmsdorf, in seinem dort gepachteten Obstgarten verborgen
, um dem voraussichtlichen Boten- und Führerzwange
bei den Franzosen zu entgehen. Die Grossmutter musste
sich also selbst helfen. Nach der fürchterlichen Kanonade
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