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240 Psychische Studien. XIX. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1892.)
befremdlich, und hängt mit der Art, wie zugefasst werden
muss, und wieviel Personen ihre Körperkräfte daransetzen,
zusammen. Aber die erstgenannten Experimente reichen
völlig hin, um das Interesse an den Productionen Miss
Abbotf% wachzurufen. Die lebhaften Debatten während der
Vorstellung haben das auch hinreichend bewiesen. Man
munkelt davon, dass noch gestern Abend in vielen Familien
„geabbottet" worden ist. Der Impresario der Dame sagt
bescheiden, dass man sich nicht erklären könne, wie es zugehe
, dass Miss Abbott solche Experimente vollführe; er Hess
aber doch durchblicken, dass man an eine „magnetische
Kraft1' glauben muss. Thue das, wer will, wir sind weder
berufen, noch im Stande, eine Erklärung über den Vorgang
zu geben. Sicherlich werden die Vorstellungen auch weiter
ihre Anziehungskraft ausüben. Ob vielleicht ein bevorzugter
Leipziger — wir haben ja auch unsere „Abse" — die ausgelobten
Tausend Dollars verdient? Glück zu! (Abend-
Ausgabe des „Leipziger Tageblattes" Nr. 210 v. 25. April
1892.)
m) Gegenüber den allerneuesten vorgeblichen Entlarvungen
der Miss Abbott durch die Leipziger „Gerichtszeitung
" v. 27. April er. und durch den „General-Anzeiger
für Leipzig und Umgebung" vom 30. April er. behalten wir
uns die sehr leichte Widerlegung der von ihnen vorgebrachten
Behauptungen und Beweise für die folgenden Hefte vor,
falls sich nicht inzwischen noch andere vertheidigende
Stimmen in der Leipziger Presse für die Dame erheben
sollten. Wir hatten derartige Gegnerschaften sofort in
Leipzig vorausgesehen, als ihr Impresario auf einen dabei
im Spiele befindlichen geheimnissvollen Magnetismus auch
nur leise hinzudeuten wagte (siehe den Schluss unseres
Artikels über Miss Abbott S. 225). Der Magnetismus und
Spiritismus ist und bleibt eben in gewissen Kreisen verfehmt,
bis die Wahrheit an anderer ganz unvermutheter Stelle
wieder einmal siegreich zum Durchbruche gelangt. Wir
stehen nicht etwa im Dienste der Dame — sondern derselben
vollständig fern, urtheilen aber darum vielleicht um
so unparteiischer und objectiver. Auch wenn sie wirklich
unecht wäre, was wir nicht glauben, und alle ihre Vorführungen
nur geheime Kunststücke bildeten, würde deshalb mit ihr
die Existenz und Wahrheit magnetischer Kraftwirkungen
nicht aus der Welt der Wissenschaft vertilgt sein. Aber
sollte die Wolke hochachtbarer Zeugen in allen Ländern
für sie gegenüber einigen schnell fertigen Zeitungsreferaten in
Leipzig gar nichts mehr werth sein? Wir lassen uns so
leicht nichts suggeriren wie die grosse Menge! —
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