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294 Psychische Studien. XIX. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1892.)
daher für nöthig, unter dem Titel: — ,Rabentand' eine
Verantwortung drucken zu lassen. — Aber seine Feinde
pressten einem Bürger, der sich ungerecht behandelt glaubte
und die Obrigkeit bedroht hatte, auf der Folter durch
fürchterliche Martern das Geständniss aus, er sei von
Brabant angestiftet. Nun wurde zur Verhaftung der
Bürgerhauptleute geschritten. Brabant entkam zwar, brach
aber bei dem Sprunge von der Stadtmauer ein Bein und
wurde zurückgeschleppt. Ueber die Folterung der Bürgerhauptleute
und ihrer Genossen erzählt Menzel* —
,,'Sie wurden in der Art verhört, dass man jedem
befahl, auf alle Fragen, die ihm vorgelegt wurden, ja zu
sagen. Zögerte einer, so wurden ihm die Hände mit
Darmsaiten so fest auf den Rücken gebunden, dass das
Blut aus den Einschnitten in Strömen herunterfloss und
unter den Nägeln hervorquoll. Dann wurde der Inquisit
zum zweiten Male befragt. Waren seine Antworten noch
nicht befriedigend, so wurde ein Strick mit einem Haken
von der Decke der Marterkammer herabgelassen, der Haken
in den Verband der Hände geschlagen und der Gemarterte
an der Rolle in die Höhe gezogen'. — Dem Brabant wurde
dabei ein Arm ausgerissen; auch an dem gebrochenen Beine
wurde er gemartert. — 'Da der Hängende nun gewöhnlich
in Ohnmacht fiel und gar nicht antworten konnte, so wurden
ihm, unter dem Vorwande der Verstocktheit, die spanischen
Stiefeln angelegt und die Füsse zermalmt. Jetzt erwachte
der Gemarterte gewöhnlich aus seiner Betäubung und schrie,
dass er zu allem ja sagen wolle. (Noch stärkere Zumuthungen
der Richter wies der Henker mit der Bemerkung ab, er
müsse seine Seligkeit bedenken.) Solch ein Verhör war ein
Fest für die deputirten Mitglieder des Gerichts. Dieselben
sassen auf grünen Polstern an einem grün beschlagnen
Tische und thaten sich auf Kosten der Kämmerei in einem
Seitenzimmer an Wein und Konfekt so gütlich, dass sie
entweder wie wüthend wurden, oder schlaftrunken auf das
Gesicht sanken, während der Gemarterte um der Wunden
Jesu willen nur um einen Tropfen Wasser oder um einen
Augenblick Erleichterung flehte. Zuweilen blieb er sechs,
acht, ja neun Stunden mit kurzen Pausen in den Rollen
hängen, bis die zum Schmause abgetretenen Richtherren
wiedergekehrt waren, oder indem ihm die Artikel des
Verhörs mit grösster Umständlichkeit vorgelesen wurden.
War endlich das Verhör zu Ende, und hatte der Henker
die Schulterknochen wieder eingesetzt, so wurde die Frage
gethan, ob er beschwören wolle, in dem Urgicht (dem
Verhör nach der Tortur) alle Fragen von neuem zu bejahen.
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