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Wittig: Der nächtliche Leuchter und der wilde Jäger* 299
„Auf dem Rückwege", — erzählte sie mir im Februar 1870
in der Wohnung meiner Eltern zu Striegau weiter, — „als
es schon stark dunkelte, auf dem Damme von ßrechelshof
nach Schlaup zu, auf den Wiesen rechts am Mittelteiche,
die sich bis an den Rand eines Gesträuches erstreckten,
ging auf einer leichten Schneedecke, die Vormittags gefallen
war, eine 'Laterne* langsam hin und her, kam schliesslich
auf mich und den Damm zu und schüttelte sich ungefähr
fünf Schritte von mir auf der Wiese vor einer Schleusse,
dass es wie eine Schütte Stroh in die Höhe loderte! Vor
Angst begann ich mich zu bekreuzigen und alle Stoss-
gebetlein in Nöthen herzusagen und rannte, so schnell ich
konnte, davon und auf Schlaup zu." — Somit hatte sie zu
allererst den „Leuchter" schon ein Vierteljahr nach der
Schlacht gesehen! Bei dieser Gelegenheit erwähnte sie auch
des „Leuchters" in Seichau, der dem Müller auf seine grobe
Verabschiedung Scheune und Haus über dem Kopfe angezündet
hatte. — Ein anderer „Leuchter" hingegen soll
nach ihres seligen Vaters Erzählung ebenfalls einem Manne
in Seichau um dieselbe Zeit (Ende 1813) begegnet sein, der
jedoch zum Leuchter dankend gesagt habe: — „Der liebe
Gott bezahl' Dir's, dass Du mir auf meinem Wege so schön
geleuchtet hast!" — Da soll der Leuchter deutlich und
hörbar erwiedert haben: — „Der liebe Gott gesegne Dir's!
Wenn ich nur noch einen solchen Dankbaren fände, dann
wäre Dir und mir in dieser und jener Welt geholfen!44 —
Ueber dieser Erzählung wurden wir leider von einem fremden
Besuch unterbrochen, und es fand sich keine Gelegenheit
mehr, noch Weiteres aus dem reichen Schatze ihrer
Erinnerungen aus jenen Tagen zu erfahren. Ja, meine selige
Tante liebte und litt es sogar nicht, wenn ich bei ihren
Erzählungen die Feder ansetzen wollte, um sie mir wörtlich
niederzuschreiben. Sie fürchtete, dadurch einmal lächerlich
gemacht zu werden. Infolgedessen sind mir viele interessante
Erlebnisse wenigstens ihrem genauen Wortlaute nach verloren
gegangen. Doch habe ich noch folgende hierher einschlagende
, vielleicht nicht unwichtige Notiz von ihr ver-
zeichnt gefunden: —
„Am Steinberge von Peterwitz aus, da wo das Wasser
von Hermannsdorf herab in die Wüthende Neisse fliesst,
auf der Goldberger Strasse, die direct von Jauer nach
Hennersdorf geht, etwa ein Viertel Weges entfernt von
Peterwitz, ging ich im Jahre 1846, da mein ältester Dir
gleichaltriger Sohn Fritz in Jauer krank lag, nach meinem
Elternorte Hennersdorf in Geschäften. Unsere gute Mutter
war schon 1840 am Tage Mariae Lichtmeas (2. Februar)
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