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Wittig: Der nächtliche Leuchter and der wilde Jäger. 303
meinen dort heut noch üblichen katholischen Gruss: —
'Gelobt sei Jesus Christus? — nicht dankte, sondern stumm
an meiner linken Seite vorüber ging. Als ich einige Schritte
von ihm entfernt mich halbseitswärts nach ihm umblickte,
denn direct umdrehen und zurücke sehen darf man in einem
solchen Falle so wenig wie Löfs Weib, die zur Salzsäule
versteinert wurde, war er im Dämmerdunkel verschwunden.
Ein Schornsteinfeger war das aber sicher nicht. Es
schüttelte mich zwar etwas, aber ich ging mit Gottvertrauen
und still betend weiter, an den Buschhäusern gerade über
links von Hermannsdorf vorüber, in denen die damals noch
üblichen Schieissenspähne wie trübe Lichter brannten, und
bei denen wir Kinder mit unserer Mutter 1813 am Tage
der Katzbachschlacht in den Mönchswald hinein geflüchtet
waren. Am nahen Brückengraben im Busche schenkte
meine Mutter damals meinem kleinen Bruder Joseph zum
letzten Male die Mutterbrust und setzte ihn dann ab, damit
ihm ihre von Furcht und Schrecken veränderte Milch nicht
schaden solle. Zur Zeit, als ich dortmeine Eltern besuchen
ging, war er in Herrnstadt bei Wohlau 'Stabstrompeter'
bei den dort stationirten Husaren, ein mit fast allen Blasinstrumenten
, besonders mit Trompete und Bassposaune,
aber auch mit Violine, Viola und Bassgeige vertrauter
Hautboist und Musiker, (als der er zu Wohlau in Schlesien
als Director einer städtischen Musikkapelle am 28. August
1864 verschieden ist, genau 51 Jahre nach der Katzbachschlacht
). Mein Zwillingsbruder Anton dagegen starb schon
zwei Jahre nach dieser meiner Heimkehr, am 14. September
1836, unter Hinterlassung zweier Töchter und seiner Wittwe
in Weinberg. Von diesen Buschhäusern aus bis Hennersdorf
war es auf dem Feldwege, der von da direct nach
Schlaup zu führt, wo meine selige Mutter seit dem
5. Februar 1840 begraben liegt, bereits stockdunkel geworden.
Kein Stern schimmerte am Himmel. Und dort schien mir's,
als ob die 'schwarze Gestalt', die mir vorhin so stumm
begegnet war, mich in einiger Entfernung links wieder
verfolge. Ich ging aber still betend meinen Weg weiter,
Hermannsdorf ganz rechts liegen lassend, zwischen Hennersdorf
links und dem hohen Weinrichsberge rechts hindurch
bis an die Stelle vor dem Dorfe, wo sich mein Feldweg
nach Schlaup zu mit der von Jauer kommenden Poststrasse
nach Goldberg zu kreuzt, die quer durch das Ende des
Unterdorfes hindurch schneidet. Die Stelle dieser Wegkreuzung
liegt nicht weit vom Dorfe ab, dort steht ein
Wegweiser, links eine Windmühle im Felde, und rechts an
der Poststrasse zieht sich ein tiefer Strassengraben bis zum
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