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308 Psychische Studien. XIX. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1892.)
eingeschlossen werden. Frau Valesca Töpfer, das bekannteste
deutsche Medium, ist gestern vom Richter zu zwei Jahren
Gefängniss und fünf Jahren Ehrverlust verurtheilt worden;
damit hat das Gericht zugleich dem „Spiritismus" das
Todesurtheil gesprochen. Vergebens werden die Spiritisten
uns mit sehr guten Gründen klar machen, dass ein Richter
weder befähigt noch berufen sei, über den Spiritismus als
solchen zu urtheilen, dass er dies gar nicht einmal unternehme
, indem er die betrügerischen Handlungen einer
bestimmten Person, eines Mediums, aburtheüe. Vergebens
werden sie zu beweisen suchen, dass der Spiritismus davon
nicht betroffen werden kann, wenn jemand ihn zum Vor-
wande von Täuschungen irgend welcher Art macht, und
dass nur wissenschaftliche Untersuchung der Sache, nicht
die über das Verhalten einzelner Personen, Klarheit schaffen
könne. Das mag ja alles richtig sein. Da aber die
spiritistischen Kundgebungen nur mit Hilfe eines „Mediums"
zu erreichen sind, und da das Medium, das den deutschen
Spiritisten bisher die wunderbarsten Geistererscheinungen
vermittelte, das Medium, an das die deukchen Spiritisten
alle glaubten, das ihnen die Bekanntschaft mit der lieben
kleinen „Abila", dem freundlichen und wohlerzogenen Geist
eines Kmdes, das vor vielen Jahrzehnten auf einer Seefahrt
starb, das ihnen die Bekanntschaft mit dem biederen vogt-
ländischen Schuster und dem seligen Franzosen Devois
verschaffte, genug, da Frau Töpfer vom Richter als
Schwindlerin bezeichnet und verurtheilt wurde, hat der
Spiritismus fürder bei einem deutschen Publikum auf
Vertrauen und ernsthaftes Interesse nur weni§ Aussicht.
Der Spiritismus scheint in der That zum Tode verurtheilt.
Zum Glück glauben die Spiritisten nicht an den Tod.
Geboren werden, sterben, das sind ihnen nur verschiedenartige
Erscheinungen im fortwährenden Bestehen des Geistes,
und so pflanzen sie denn noch am Grabe des Spiritismus
die Hoffnung auf. Es ist wohl kein Zufall, wenn uns
gerade am Tage des Töpferprocesses zwei verschiedene
Kampfschriften für den Spiritismus von dessen beiden Vor-
hier und dort!" — worauf die ihn Umtobenden wie verzückt schöne
Weinberge zu sehen glauben, gegenseitig an ihre Nasen greifen und
sich dieselben als Weintrauben abschneiden Wullen. Hieiauf spricht
Mephistopheles: — „Irithum, lass los der Augen Band! Und meikt
euch, wie der Teufel spasse! "— worauf er mit taust ve>schwindet
und die Gesellen auseinanderfahren. — Vielleicht giebt es auch für
die Verurtheiler der Valesea Töpfer ein „hier und dort"! — und die
Ürkenntniss, dass der Spiritismus eigentlich nicht so teuflisch spasse.
Der Sekr. d, Red,
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