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Wittig: Ist Frau Va1. Töpier in Berlin wirklich wissenscb. entlarvt? 315
von einem Freunde des Blattes, einem Arzt,*) folgende
interessante Mittheilung zugegangen: -
Am jüngsten Sonnabend**) um 7V2 Uhr hatten sechs
Herren, unter denen ich mich befand, eine Privatsitzung
mit dem bekannten Medium Frau Valesca Töpfer, von der
erst wenige Tage vorher im „Berliner Tageblatt" die Notiz
gebracht war, dass sie sich selbst vor einigen Jahren in
Leipzig unter ihrem Zeugeneide des Betruges geziehen habe.
Alle anwesenden Herren waren Skeptiker, sie hielten
die Sache a priori für eine Täuschung, und es kam ihnen
in dieser Sonnabendsitzung nur darauf an, das Medium in
flagranti zu ertappen. Ich will vorweg bemerken, es gelang
Dies mit ungeahntem Erfolg,
Die Sitzung fand statt in den im Centrum der Stadt
gelegenen Comptoirräumen eines der theilnehmenden Herren.
Diese Räume bestehen aus zwei Zimmern. Man betritt
zuerst einen einfenstrigen Raum, in welchem sich ein
Doppelpult, ein Ladentisch und allerhand andere Dinge für
Comptoirbedarf befinden; zur Beleuchtung dient eine an
der Decke hängende sogenannte Petroleumblitzlampe. Der
zweite Raum ist ein sehr grosses Zimmer, in welchem sich
eine Chaiselongue mit einem Tisch davor, ein Kleiderspind
und im hintersten Theile in einer Nische der Mauer ein
Geldschrank befindet, der die Breite der Nische ausfüllt,
nicht aber die Tiefe, so dass hinter dem Geldschranke noch
ein Raum von etwa zwei Fuss Tiefe in der Breite des
Geldschrankes übrig bleibt. In diesen Raum wurde eine
Trittleiter gestellt, auf welcher ich Aufstellung nahm, um,
wenn möglich, den Schwindel zu entlarven. Von meinem
Posten konnte das ganze Zimmer übersehen werden, das
zum eigentlichen „Kabinet" diente. Dasselbe war von dem
kleineren für die Zuschauer bestimmten Vorzimmer durch
einen an den Thürpfosten befestigten dunkeln Vorhang
getrennt, der bis an die Erde reichte, aber nach oben zu
einen Spalt von etwa einem Fuss übrig liess. Durch diese
Oeffnung fiel das Licht der Blitzlampe in das „Kabinet",
so dass die vordere Hälfte desselben einigermaassen erleuchtet
war, während in dem hintersten Theile, wo der Geldschrank
sich befindet, egyptische Finsterniss herrschte. Das Medium
befand sich im vorderen Theile des „Kabinets", etwa fünf
*) Dieser Arzt ist Dr. med. Cohn, der mit seinen beiden Vettern,
den Kaufmännern Hermann und SaMy Cohny also operirte!
**) Es war am 7. November 1891. — Der Sekr. d. Red.
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