http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1892/0333
Wittig: Ist Frau Val. Töpfer in Berlin wirklieb wissenseh. entlarvt? 325
Stuhl festgebunden."? — Und das behauptet der Herr
Vetter, nachdem er kurz vorher (daselbst S. 279 unten) im
vorigen Jahre bei einer vorhergehenden Sitzung dieselbe
Jedenfalls etwas zu sicher an den Stuhl befestigt hatte",
weshalb Frau T. nach einiger Zeit erklärte, dass der Geist
ihr nicht beistehen wolle, und deshalb auf eine spätere
Sitzung vertröstete. Liegt es denn nicht weit näher, dass
er im Verein mit seinen Vettern sie durch seine Bindung
abermals an jeder Thätigkeit verhindern und so entlarven
wollte? Hätten sie alle dies absichtlich nicht gethan, sondern
ihr durch zu lockere Fesselung den vermeintlichen Betrug
selbst erleichtert, so hätten sie sich doch alle absichtlich
eines hinterlistigen Mitbetruges schuldig gemacht! Sie selbst
aber hätten sich mit solchen Hinterlisten der Möglichkeit
beraubt, die Thatsachen eines echten Trance-Zustandes zu
erkennen und dem Medium mit seinen Voraussetzungen
vollauf gerecht zu werden»
In Dr. Cohriz ursprünglichem Berliner Entlarvungs-
Bericht ist keine Andeutung von einem „absichtlich zu
lockeren Binden an den Stuhl" zu finden. Im Gegentheil.
Das ist erst ein späterer Zusatz im Processe, um den von
vornherein angenommenen, angeblichen Betrug des Mediums
hinterdrein doch noch etwas wahrscheinlicher zu gestalten*
Ferner behauptet Dr. Cohn: — „Frau Töpfer habe den
Umfang ihrer Taille verringert; vermuthlich habe sie ein
verstellbares Corsett." — Ist das eine Gewissheit? Haben
seine Mitzeugen auch nur eine einzige darauf bezügliche
Andeutung fallen lassen? Haben sie das Corsett bei ihr
losgelöst gefunden? Dr. Cohn hat eben einfach gar nicht
gesehen, weil nicht sehen können, wie sich das Medium aus
dem Strick um ihre Taille losmachte, sondern hat Obiges
lediglich nur vermuthet! Vermuthung ist aber keine
Gewissheit, keine faktische Beobachtung. Er selbst gesteht:
— „Ich konnte, da ich mich hinter ihr befand,
nicht genau beobachten, was sie machte; ich sah
nur, dass sie einige Knöpfe der Taille öffnete und alsdann
ganz bequem den Oberkörper aus der Schlinge zog und
dieselbe über die Stuhllehne legte." — Also Herr Dr. Cohn
will von hintenher gesehen haben, was Frau T. an ihren
vorderen Taillenknöpfen that! Wenn etwas dabei möglich
erscheint, so ist es nur das, dass Frau T. sich auf diese
Weise zwar vielleicht hätte ihr Corsett öffnen, aber darum
immer noch nicht sich ihrer Verstrickung entledigen können.
Das Corsett hätte ringsum dick ausgestopft sein müssen,
sonst wäre es ja von der Verschnürung um die engere
Taille dennoch zusammengedrückt worden. Herr Dr. Cohn
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1892/0333