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Handrich: Ueber photographische Geister-Aufnahmen etc. 333
so konnte von einer vorherigen betrügerischen Manipulation
keine Rede sein, weil der Photograph sich nicht einmal die
Mühe nahm, mir eine ihm wünschenswerte Haltung des
Kopfes anzuweisen. Die ganze Operation hatte den Anstrich
einer nachlässigen „Go as you please affaire" oder „Komme
was da will-Yornahme".
Beiläufig bemerkt, übertrifft Keeler als Medium für
spontane, „unabhängige", d. h. „anscheinend von selbstentstehende
Schrift" zwischen zusammengebundenen Schiefertafeln
den, den Lesern der „Psych, Stud." bekannten Mr.
Henry Stade bei Weitem, Wenn auch die durch Stade
hervorgerufeaen Phänomene erwiesen echt sind, so kommt
die Sache bei Keeler einfacher und ohne die geringste Anstrengung
, oder ohne auch nur im Geringsten Verdacht
erweckende Manipulationen, zu Stande. Man wischt die
Tafeln selbst ab, hält sie auch nicht einen Augenblick unter
den Tisch, desgleichen lässt man sie von Anfang bis Ende
nicht nur nicht aus den Au^en, sondern auch nicht aus
den Händen.
Am 13. Februar er. besuchte ich Mr. Keeler zum zweiten
Male. Da ich auf dem ersten Bilde keines der Gesichter
zu identificiren vermochte, so dachte ich während dieser
zweiten Aufnahme an das Eine und Andere meiner vor
vielen Jahren vorangegangenen Angehörigen. Nach erfolgter
Aufnahme kam es mir in den Sinn, dass ich gerade meiner
Schwester, an der ich noch heute mit inniger Liebe hänge,
nicht gedacht hätte. Als wir nunmehr das entwickelte
Negativ in Augenschein nahmen, erklärte das Medium, dass
er ausser meinem Brustbilde (das diesmal nicht acceptabel
ausgefallen war) das Gesicht eines jungen weiblichen Wesens
und dasjenige einer alten Frau zu erkennen im Stande sei.
Als ich die wieder von einem anderen Photographen abgezogenen
Bilder in Empfang nahm, stellte es sich heraus,
dass das vermeintliche Gesicht der alten Frau einem
Knaben von circa 12 bis 14 Jahren angehörte, während ich
in demjenigen des jüngeren weiblichen Wesens die Nase,
den Mund und die Gesichtszüge meiner Schwester erkannte;
dagegen erschienen mir die Augen, die Stirne und der
Kopfputz trotz der übereinstimmenden Jugendlichkeit fremd.
Neben diesem Brustbilde tritt dasjenige eines in mittleren
Jahren stehenden Mannes zu Tage.
Erkundigungen, die ich bei verschiedenen öffentlichen
und Privatmedien anstellte, führten zu keinem Resultate,
bis ich schliesslich der medianimisch veranlagten Gattin
eines städtischen Beamten, mit dem ich seit Jahren befreundet
bin, einen Besuch abstattete. Dieselbe erbot sich,
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