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336 Psychische Studien. XIX. Jahrg. 7. Heft, (Juli 1892.)
und der Saal war anscheinend in tiefes Dunkel gehüllt, da
nur eine kleine mit Seidenpapier umhüllte Lampe erst, nach
dem sich das Auge einigermaassen an den Uebergang
gewöhnt hatte, die schimmernden Goldrahmen der die
hohen Wände bedeckenden Oelgemälde und dann die uns
zunächst Sitzenden nach und nach erkennen Hess. Während
die Pianistin eine von ihr selbst begleitete Arie vortrug,
hatte sich das Auge schon soweit an das Dämmerlicht
gewöhnt, dass nunmehr auch die entfernter Sitzenden
sowohl, wie das Kabinet selbst, sichtbar vurden. Nun
wurde auch der Gesang durch die lauten aus dem Kabinet
hervordringenden Stimmen der dem Medium zugethanen
Kontroigeister unterbrochen. Es sind die mir und anderen
der Anwesenden seit einer Reihe von Jahren wohlbekannten
Stimmen Cushmarfs, Dr. Holland** und Bright-Eye's.
Ich höre kluge Leute mit wenig Erfahrung die nahe
liegende Erklärung abgeben: — „Das ist weiter nichts wie
Ventriloquismus, Bauchrednerei und nichts weiter \u —
während sie sich noch nicht einmal mit den dazu gehörigen
Bedingungen bekannt zu machen Gelegenheit hatten. Nun
ist es aber weder dieses, noch sind es Verbündete oder
phonographische Apparate, die bei diesem Medium und in
dieser Umgebung und unter diesen Umständen und Vorkehrungen
zur Anwendung gebracht werden könnten, die
ja lediglich darauf hinzielten, jede betrügerische Demonstration
von vornherein unmöglich zu machen. Auch handelte
es sich in diesem Falle weder um G eidmach erei, da die
Honorirung des Mediums von Seiten der mit Glücksgütern
reichlich gesegneten Gastgeber erfolgte, noch um Zeitungs-
reclame, da dieser Seance, ausser in den „Psych. Studien",
nur noch in den Berichten der „Psych, Research Society"
Erwähnung geschieht.
Während also Cushman und die kleine Bright-Eye
(Glanzauge) die Anwesenden begrüsste, (jedes in dessen
charakteristisch scharf ausgeprägter und sich stets gleich
bleibender Klangfärbung und Redeweise,) traten zu gleicher
Zeit zwei in weisse Gewänder gehüllte Wesen aus dem
Kabinet hervor, in welchem kurz vorher ausser dem Medium
niemand Anderes zu sehen war. Ueberdies unterschieden
sie sich in Grösse und Statur auffallend von der schweren,
in dunkeln Stoff gekleideten Frau Williams, und während
sie sich im Flüsterton mit ihren sich unter den anwesenden
Gästen befindlichen Angehörigen unterhielten, wurde die
Konversation zwischen den übrigen Anwesenden und den
Kontroigeistern weiter geführt. Nachdem die Phantome
wieder im Kabinet verschwunden waren, erscholl aus dem-
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