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Handrich: Eine Materialisai Privatsitzung in vornehmer Gesellsch. 339
ohne Zuhülfenahine medianimer Kräfte sich mit uns in
Verbindung zu setzen vermögen, wie wir uns mit ihnen.
Die täglich mehr sich häufenden Beweise ihres Daseins
lassen gleichfalls auf eine dem Aether entnommene Hülle
schliessen, die dem „Ego" der Geister ebenso als Werkzeug,
wie der irdische Körper unserem Geiste in der Welt der
Materie, zur Kundgebung dient. Gleichzeitig erhellt aber
auch aus dem Gesagten die Schwierigkeit der Identificirung,
das Gemisch von Wirklichkeit und anscheinender Unwahrheit
, das an solchen wieder in unsere Sphäre tretenden
Wesen sich zeigt, zu sondern, da zwischen dem für den
Augenblick berechneten Körper und der sich manifestirenden
Intelligenz kein eigentlicher Zusammenhang existirt. Durch
Trance-Medien zeigt sich diese angedeutete Einbusse
intellectueller Fähigkeit auf Kosten der zur Materialisation
verwendeten Kräfte weniger eclatant Am wenigsten tritt
sie durch Clairvoyance- und Clairaudience-Medien zu Tage.
Nach dieser kurzen Abweichung will ich noch eines
weiblichen Phantoms erwähnen, das schwebend aus dem
Kabinet hervortrat, sich vor einem der Gemälde aufstellte
und, mit ihrer Hand darauf hindeutend, ihren Namen
nannte. Es stellte sich nachträglich heraus, dass dieses in
eine Tunica gehüllte Wesen zu seinen Lebzeiten dem Maler
des die Lady Washington darstellenden Brustbildes als
Modell diente.
Der Kontrolgeist Dr. Holland, der nur für kurze Zeit
anwesend schien, bemerkte, dass sich die atmosphärischen
Zustände nicht mehr zu weiteren Demonstrationen eigneten.
Das Medium erwachte aus dem lethargischen Zustand, in
dem es sich seit Beginn der Sitzung befand. Die Kandelaber
wurden wieder angezündet und hüllten den Saal in blendendes
Licht. Es bildeten sich Gruppen, die noch für kurze Zeit
die Ereignisse besprachen, worauf der generöse Veranstalter
der Sitzung die Anwesenden noch im anstossenden Bibliothekzimmer
mit feinen Weinen und Konfect regalirte. Es war
nahe Mitternacht, als ich die Heimreise antrat und diese
weit hinter der Wirklichkeit zurückstehende Schilderung
entwarf. Kaum war ich zu Hause angekommen, so fing
es in Strömen zu regnen an, woraus ich den Schluss zog,
dass Dr. Holland auch mit Bezug auf Witterungsverhältnisse
sich als tüchtiger Diagnostiker erwiesen hatte.
Brooklyn, Ende Mai 1892.
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