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350 Psychische Studien. XIX. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1892.)
gedenke ichu — sagt Steindorff — „einer Einzelheit, welche
sowohl auf seine Stellung zu Konrad IL als auch auf die
Art seiner Geschichtschreibung ein ungünstiges Licht wirft,
aber von dem Verfasser nicht angeführt wird. In der
Historiar. lib. IV, cap. II 'De heresi in Italia inventa',
SS. VII, p. 67 erzählten Ketzer- und Spukgeschichte,
die sich zur Zeit der Kaiserkrönung Konrad's IL (1027,
März 26.) in der Lombardei zugetragen haben soll, erscheint
der Teufel einem todtkranken Ritter Namens Hugo, um ihn
in Versuchung zu führen. Dabei rühmt er sich seiner
Verdienste um das Emporkommen und die Macht zweier
Kaiser: — Konrad 's //. und Michael's (des Paphlagoniers).
Bezüglich des ersteren heisst es: — 'Et ut certissime credas,
quod spondeo, noveris, meo auxilio meaque industria
Ohounradum hoc tempore imperatorem esse creatum. Tu
quippe bene nosti, quod nullus imperatorum ita velociter
omnem Germaniam atque Italiam sicuti iste suae subiugavit
dictioni. Novi, inquiens aeger, et mirum diu mihi cum
ceteris fuit\ — [Der Teufel spricht nämlich aus und zu dem
somnambulen Fragesteller: — „Und damit Du für gewiss
glaubest, was ich behaupte, so wisse, dass mit meiner Hilfe
und meiner Bemühung Konrad zu dieser Zeit zum Kaiser
erwählt worden ist. Du freilich weisst sehr wohl, dass
keiner von den (bisherigen) Kaisern wie dieser so schnell
ganz Deutschland und Italien seiner Herrschaft unterworfen
hat. Neues und Wunderbares, forschender Kranker, ist
von jeher mit anderem (ähnlichen) meine Sache gewesen."
— Uebersetzt vom Sekr. d. Red.] — Hier liegt also gerade
der Fall vor, den der Verfasser nach S. 83 für unmöglich
zu halten scheint, 'dass der Schriftsteller aus ganz der
gleichen Zeit und über ganz die gleiche Person baaren
Unsinn und beste Nachrichten bringen soll/" — Soweit
Steindorff. Wir ersehen hieraus, dass er etwas für „baaren
Unsinn" erklärt und deshalb einen Geschichtsschreiber
verwirft, weil dieser einen objectiven Bericht über ein
mediumistisches Phänomen damaliger Zeit bringt, in dessen
Verständniss trotz aller psychischen und spiritistischen
Lösungen der Neuzeit der historische Recensent noch nicht
eingedrungen ist. Dass dergleichen Dinge in der Welt des
Somnambulismus, Hypnotismus und Mediumismus vorgehen,
darüber könnte ihn in allerneuester Zeit Professor Lombroso
in Neapel belehren. Es erscheint nach diesem Beispiel also
gerathen, dass die Historiker nicht Bausteine verwerfen,
welche für sie die Ecksteine einer neuen und besseren
Erkenntniss werden könnten.
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