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396 Psychische Studien. XIX. Jahrg. 8. Heft. (August 1892.)
nichts gesehen, aber das Gefühl gehabt, dass der ganze
Zug sich sehr nahe an den Boden halte. Jener sei ein
paar Minuten in rasender Eile dahin gezogen, in der Ferne
ein ganz kleine Weile stille gestanden, aber sofort wieder
ebenso stürmisch zurückgekommen und dann jählings
verschwunden oder unhörbar geworden. Wenn man dem
Dinge, meinte er, einen -Namen geben wollte, so könne man
es nicht anders nennen als 'das wilde Gejaid' — (Woduri%
wildes Gejaid!). Das zeige sich noch hin und wieder auch
in unserer Zeit — im Dorfe seien mehrere ältere Männer,
die es auch einmal gehört. Die Ungläubigen erklären es
mit dem Sausen eines Wanderzuges von Wildgänsen, aber
dazu passt jetzt die Jahreszeit nicht. Franz Eder scheint
gar nicht abergläubisch, doch weiss er auch keine natürliche
Erklärung, Ihn habe der Lärm nicht stark erschreckt,
aber sein Kamerad habe sich schon besser gefürchtet." —
Dies die Mittheilung L. SteuVs, bekanntlich ein geistreicher
Mitarbeiter der „Münchener Allg. Zeitung." — Mit vorzüglicher
Hochachtung unterzeichnet sich R. Langel!, Kasan,
d. 19. Juni, 1. Juli, 1892.
c)EineSpukgeschichte, welche nach dem Karneval
und unter Benamsung einer ganzen Reihe von glaubwürdigen
Zeugen uns mitgetheilt wird, möge hier der Curiosität
halber erwähnt sein, obgleich wir uns hüten, eine Garantie
für die Richtigkeit des geschilderten Spuks zu übernehmen.
Also unser Gewährsmann erzählt: — „Die Bewohner einer
Villa der Schönen Aussicht in Bockenheim behaupteten
schon seit einiger Zeit, dass sich in dem Hause Dinge
ereigneten, für welche man keine Erklärung finde; z. B.
würden Nachts um die zwölfte Stunde alle Thüren des Hauses
von unsichtbarer Hand geöffnet, und schwere Männertritte
seien auf der Treppe gehört worden, ohne dass man einen
Menschen gesehen hätte. Um dem Spuk nun auf die Spur
zu kommen, versammelten sich vorgestern Abend in dem
Hause sieben Herren und drei Damen» Man machte zunächst
alle Fenster und Fensterläden zu, verriegelte und verschloss
sämmtlicho Thüren, nachdem man das Haus vom Keller bis
zu den Mansarden einer gründlichen Untersuchung unterworfen
hatte, wobei man in dem taghell erleuchteten Haus
überall bewaffnete Posten aufstellte. Man ging so weit,
dass man jeden Winkel, jedes Bett im Hause, jeden
Schrank u. s. w. durchstöberte. Nachdem nun die denkbar
grössten Vorsichtsmaassregeln getroffen waren, begab sich die
bewaffnete Gesellschaft in einen im Parterre direct an der
Treppe gelegenen Salon, um geräuschlos Wache zu halten.
Es wurde nichts getrunken, damit man nicht behaupten
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