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du Prel: Das Sprechen in fremden Zungen.
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7) Sie entsetzten sich aber Alle, verwunderten sieh, und
sprachen unter einander: Siehe, sind nicht diese Alle,
die da reden, aus Galiläa?
8) Wie hören wir denn ein Jeglicher seine
Sprache, darinnen wir geboren sind?
9) Parther und Meder und Elamiter, und die wir
wohnen in Mesopotamien und in Judäa und Capa-
docien, Pontus und Asien,
10) Phrygien und Pamphylien, Egypten und an den Enden
der Lydier bei Oyrene, und Ausländer von Rom,
11) Juden und Judengenossen, Creter und Araber; wir
hörei sie mit unseren Zungen die grossen
Thaten Gottes reden.
12) Sie entsetzten sich aber Alle und wurden irre, und
sprachen Einer zu dem Andern: Was will das werden?
13) Die Andern aber hatten es ihren Spott und sprachen:
Sie sind voll süssen Weins.1)
Wie man sieht, wird in der Bibel das Pflngstwunder
durch einen Vorgang eingeleitet, dem wir in abgeschwächter
Form bei allen spiritistischen Sitzungen begegnen, indem
ein kühler Wind über unsere Hände und durch das Zimmer
streicht, während die feurigen Zungen an eben so bekannte
Lichtphänomene erinnern. Sodann aber heisst es im Text,
dass die Apostel in Ekstase geriethen und in fremden
Zungen redeten. Aber nicht dieser Theil des Pfingstwunders
interessirt uns hier, sondern der, dass die Redner, — später
redet Petras allein, — welche Sprache sie auch gesprochen
haben mögen, gleichzeitig von allen diesen Nationalitäten
verstanden wurden, und Jeder seine Muttersprache zu hören
glaubte, wie es aus den unterstrichenen Worten in Vers U
und 8 hervorgeht. Es fand also Gedankenübertragung und
eben jener Vorgang statt, den wir in dem eben erwähnten,
akademisch ersonnenen Experimente geschildert haben. Das
Phänomen, dass von den Zuhörern Eines Predigers Jeder
sein eigenes Idiom zu hören glaubt, wird in der christlichen
Mystik ausdrücklich anerkannt. So sagt z. B. Suarez mit
Bezug darauf, dass die fremde Nationalität den Zuhörern
kein Hinderniss des Verständnisses bildet: —
„Die Gnadengabe, sich den Gläubigen mitzutheilen,
kann in zweierlei Weise gedacht werden: entweder von
Seite der Zuhörer, oder von Seite der Sprechenden. Die
erste tritt ein, wenn der Prediger, in nur Einmaliger Rede
und nur in seiner Muttersprache sprechend,
doch gleichzeitig von allen Zuhörern ver-
*) Apostelgeschichte I, 2. 2—IS.
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