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452 Psychische Studien. XIX. Jahrg. 10. Heft. (October 1892.)
doch nicht im Stande, das Kabinet verlassen zu können.
Nachdem ungefähr eine halbe Stunde Zeit verflossen war,
erschien eine grosse, schlanke Gestalt in der Oeffnung zur
rechten Handseite des Katrinets und streckte ihre Hand
aus, als ob sie Jemanden herbeiwinken wollte.
Da ich dieselbe wohlproportionirte weibliche Gestalt,
welche bei unseren Seancen im Krühjahr erschienen war,
wieder zu erkennen glaubte, so nannte ich Mrs. PJs Namen,
welche Dame zu gleicher Zeit von ihrem Stuhle aufstand,
als der Geist sich auf den Pussboden herausbewegte, bis
zur Entfernung von ungefähr drei Fuss, — seine Hände
gegen sie ausstreckte, diejenigen der Mrs. P. erfasste und
sie gut und herzlich schüttelte. Die Gestalt verschwand
hierauf wieder, in das Kabinet zurüekgleitend. Bei ihrem
Wiedererscheinen hatten wir das Vergnügen, längere Zeit
auf sie blicken zu können, was sehr interessant war, da sie
einen scharfen Umriss bildete gegen den dunklen Hintergrund
, während ich die ganze Zeit über das Medium ebenso
deutlich sah und ein leises Gespräch mit ihm unterhielt.
So viel ich weiss, war Niemand im Stande, den Umriss
des Gesichts zu unterscheiden, nicht einmal Mrs. P.9 welche
jedoch erklärte, dass der Griff der Hände fest und die
Gestalt in jeder anderen Hinsicht gut materialisirt war.
Nunmehr folgten die einen Phänomene den anderen in
rascher Aufeinanderfolge. Zwei kleine Kinder, ein Knabe
von sieben und ein Mädchen \ou fünf Jahren (dieselben,
welche bei den letzten Frühjahrs-Seancen anwesend waren.)
wurden besonders begünstigt und geliebkost von verschiedenen
kleinen Gestalten, die sich ganz frei innerhalb wie ausserhalb
des Kabinets umher bewegten, und auf ihrem Wege zu
demselben vergassen sie nicht, mehrere der übrigen Sitzer
zu begünstigen, ihnen entweder die Hände schüttelnd, oder
sie berührend.
Die weisse Umhüllung, in die sie gehüllt waren,
fluthete um meine Hände und Füsse die ganze Zeit über,
aber trotz des scheinbar übermässigen Ueberflusses hatten
sie doch nichts übrig davon, denn sie schienen immer nicht
Willens, zu gestatten, dass Jemand ein Stück abschneide,
wenn er darum bat. — Dieses kann durch die Thatsache
erklärt werden, dass dasjenige, in was immer diese zeitweilig
materiellen Gestalten sich kleiden, — ihre Leiber
sowohl, wie ihre Gewände, — das geistige Complement (wie
Dr. Friese es nennt*) ist, welches dem Medium und den
*) Siehe Dr. Roierl Fliese1* Werk: — „Stimmen aus dein Reich
der Geister." Leipzig, Oswald Mutze 1879.) XXV u. 352 S. gr. 8°.
Preis: 4 Mark. — Ferner desselben Verfassers: — „Uas Leben jenseit
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