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du Prel: Das Sprechen in fremden Zungen.
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standen wird, beruht es auf einer Gedankenübertragung, die
sich in Bewegung der Zunge und Lippen umsetzt. Aber
auch dann erstreckt sich das Verständniss nur auf das vom
Medium jeweilig Gesprochene, nicht auf die Sprache im
Allgemeinen.
Von einer „Gabe der Sprachen" ist also nach beiden
ßestandtheilen, Verstehen und Sprechen, keine Rede. Wenn
wir eine nie erlernte Sprache verstehen, so liefern nicht wir
selbst das Verständniss, sondern derjenige, der mit dem
Laute den Gedanken auf uns übertragen hat; wenn wir
dagegen eine nie erlernte Sprache sprechen, so liefern wir
dazu nur das Sprachwerkzeug, und das eventuell damit
verbundene Verständniss empfangen wir von aussen durch
Suggestion.
Die Gabe der Sprachen löst sich also in einen blossen
Schein auf. Die Thatsachen aber bleiben bestehen, und so
zeigt sich wieder einmal, dass, während durch apriorisches
Verwerfen der Thatsachen wissenschaftlich nichts geleistet
worden wäre, durch Anerkennung und Untersuchung derselben
ein scheinbar unbegreifliches Räthsel gelöst wird; das
Räthsel kann insofern erklärt werden, als wir es auf zwei
bekannte Erscheinungen zurückführen können. Das Verstehen
fremder Sprachen beruht auf Gedankenübertragung,
das Sprechen derselben auf Willensübertragung.
III. Abtheilung.
Tagesneuigkeiten, Notizen u. dergl.
Telepathie einer {Sterbenden.
Referirt von Carl Alexander Schul» in Leipzig.*)
Am 23. November 1891 in der dritten Nachmittagsstunde
ereignete sich ein ganz interessanter Fall in meiner
Berlinerstrasse 50 in der ersten Etage wohnhaften Familie,
der, obwohl nicht vereinzelt dastehend, dennoch, d. h. nach
meiner Ansicht, geeignet sein dürfte, gebucht zu werden.
Erlauben Sie mir gütigst, dass ich Ihnen das mittheilen
*) Man sehe desselben nunmehr im 84. Lebensjahre stehenden
greisen Verfassers frühere merkwürdige Erlebnisse, verzeichnet in
, Psych. Stud.", September-Heft 1890, S. 425, Note, October-Heft 1890,
8. 441 ff. und im Februar-, Mai-, September- und November-Heft 1891,
S. &3, 229, 436 und 529 ff. - Die Bed,
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