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486 Psychische Studien. XIX. Jahrg. 10. Heft. (October 1892.)
strengung aus, um dafür wieder am Abend die armen
Hausbewohner und Gäste in Schrecken zu setzen. Der
verständige Wirth suchte sich das Klopfen auf natürliche
Weise zu erklären. So meinte er, dass sich vielleicht
„Sumpfgase" unter dem Keller gebildet hätten, sich durch
eine enge Oeffnung hin durch drängten und so den lauten
Schall hervorriefen. Zugleich räsonnierte er heftig über die
bösen, bösen Zeitungsschreiber, welche die Angelegenheit
an die grosse Glocke gehängt hätten. Die ganze Familie
zeigte offenbar nicht die geringste Furcht vor dem Klopfgeiste
. Wir berichten nunmehr über die Beobachtungen,
welche oben genannter Herr G. mit einigen Commilitonen
am nächsten Morgen gemacht hat.
Die Gaststube war schon, trotz des frühen Morgens,
mit Gästen angefüllt. Der Geist hatte sieh schon zweimal
gemeldet, dadurch beweisend, dass er ein ,,Freigeist" war,
denn er kümmerte sich nicht darum, dass ihn am Abend
zuvor ein spiritistischer Jüngling mit Hilfe einer Beschwörungsformel
gebannt hatte. Mit Erlaubniss der
Wirthin begaben sich zwei Studenten in den Spukkeller,
um dort bei einem Glase Bier der kommenden Dinge zu
harren. Leider Hess sich während der Anwesenheit der
Herren daselbst das rücksichtslose Gespenst nicht hören,
obwohl es am Tage zuvor (nach Angabe des Wirthes)
47 Mid in den zwei Stunden gepocht hatte. Während der
ganzen Zeit befand sich im Keller die Tochter des Wirthes,
welche offenbar sehr mürrisch war und die Herren durchaus
aus dem Keiler hinaus zu complimentiren suchte. Auf eine
Interpellation beim Wirthe sagte auch dieser, dass „die
Polizei den Aufenthalt im Keller nicht gestattvEs blieb
also den Herren nichts anderes übrig, als sich nach den
oberen Räumen zu verfügen. Herr G. that dies jedoch
erst, nachdem er die Stelle, an welcher auf dem Tische
ein grosser Hammer lag, durch einen rothen Strich genau
markirt hatte. — Auf das Fortgehen schien der Geist nur
gewartet zu haben, denn es dauerte nur wenige Minuten,
da erfolgten zwei schwere Schläge, welche sich so anhörten,
als ob man mit einem harten Gegenstande gegen eine
Bretterwand schlüge. Sofort stürmte Herr G. die Kellerstufen
hinab und sah, und zwar sah und hörte er es ganz
genau, — dass in demselben Augenblicke ein Mädchen von
ca. zwanzig Jahren den oben erwähnten Hammer eilig auf
ein neben dem Tische befindliches Fass warf. Dieselbe
Beobachtung hat ein Oommilitone, Herr v. B. gemacht.
Derselbe war nämlich unerlaubter Weise in den Keller
gestiegen, um zu beobachten, wo der Hammer bleiben
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