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Kurze Notizen.
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In Granville war ich nie, und Frau de Gr and fort habe ich
erst vor vierzehn Tagen \ver kennen gelernt. Ist da eine
blosse Coincidenz, oder ein seelisches Phänomen als Ursache
anzunehmen? Ich neige zu letzterer Annahme, da es mir
schwer wird, dem Zufall einen solchen 'tour de force' zuzu-
muthen." — Man vergl. desselben Herrn Correspondenten
Kurze Notiz e) und f) im November-Heft 1891 S. 539 ff.
und die Kurze Notiz f) im April-Heft 1892 S. 184.
d) Auch eine Teufelsaustreibung. — Ein Freund
der „Münchener Neuesten Nachrichten" schreibt diesen: —
Anlässlich der Wemdinger Teufelsgeschichte dürfte es von
Interesse sein, darauf hinzuweisen, wie anders ein ganz
analoger Fall von „Besessenheit" von einem Amtsbruder
des Paters Aurelian beurtheilt und auch — geheilt wurde.
Pfarrer Kneipp schreibt in seinem Buch „Meine Wassercur"
auf S. 232: — „Arme Eltern brachten mir ihren zehn Jahre
alten Knaben und erzählten Folgendes: — So oft man zur
Kirche läutet, fängt der Bube an zu toben und in der
heftigsten und grässlichsten Weise die entsetzlichsten Flüche
auszustossen, Flüche und Schwüre, die wir in unserem
Leben noch nie gehört haben. Er flucht so lange, als er
die letzte Person auf dem Kirchwege sieht. Dann hört er
auf. Sobald aber nach vollendetem Grottesdienste der erste
Andächtige die Kirche verlässt, fängt er auch schon wieder
an, zu schwören, und er schwört und flucht fort, bis er
Niemanden mehr erblicken kann. Wenn wir beten, flucht
er; hören wir auf, so hört er auch auf. Hochwürden, es
ist schrecklich! Man mag anwenden, was man will, helfen
thut gar nichts, am wenigsten das Einreden; das macht
ihn nur noch heftiger. Seine Mutter packte er einmal mit
beiden Armen, wie mit Krallen, und schüttelte sie derart,
dass man nicht glauben sollte, wie ein Knabe so viel Kraft
entwickeln könnte. - Aerzte sind mehrere befragt worden, geholfen
hat nichts. Benedicirt wurde er auch, da hat er noch
am ärgsten geflucht. . . Zwei Priester, welche den schrecklichen
Zustand gesehen hatten, sagten: — 'Wer an Besessenheit
glaubt, muss sagen: Hier ist sie!' — Ich fasste das
Leiden von Anfang an ganz natürlich auf und täuschte mich
auch dieses Mal nicht; in sechs Wochen war das arme
Kind vollständig geheilt." — Pfarrer Kneipp beschreibt dann
die hydropathische Behandlung, welche er dem Knaben
angedeihen Hess, und schliesst mit den Worten: — „Aller
Spuk war wie weggeblasen ?" — Aber deshalb hat's doch
vorher gespukt oder Besessenheit gegeben. Man lese doch
die Artikel „Wabrhafftige Relation" u. s. w. von Mag.
Andr, Hartmann, Pfarrer zu Döffingen 1714 in „Psych. Stud."
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