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540 Psychische Studien. XIX. Jahrg. 11. Heft. (November 1892.)
oft, auch durch die Presse, ungerechtfertigt angegriffen,
dass jeder Unparteiische und rechtlich Denkende, welchem
die obengenannte Familie bekannt ist, den aufrichtigen
Wunsch hat, dass der „Spuk" endlich einmal aufhören
möge. — Trotz aller Bemühungen ist es Herrn Sander
sowohl, als auch Baukonimissionen, Baumeistern, Gas- und
Wassertechnikern und allen möglichen und unmöglichen
Sachverständigen nicht gelungen, die Ursache des unerklärlichen
„Klopfens" zu ergründen. — Nach der oben angeführten
Notiz in ihrem geschätztem Blatte soll dies endlich durch
Criminalbeamte geschehen sein, die den vermeintlichen
Urheber des „Spukes" in der Person des Dienstmädchens
gefunden haben wollen. Nebenbei möchte ich bemerken,
dass einige Berichterstatter einer hiesigen Zeitung denselben
schon vor einiger Zeit in dem „Wirthstöchterlein" entdeckt
hatten. Die Herren sind aber bald eines Besseren belehrt
worden, denn — es klopfte weiter. — Seit der letzten Ent-
deckung geschahen Mittwoch Abend noch drei dumpfe
Schläge; die anwesenden Gäste konnten leider, da gerade
in diesem Augenblick die Thüre geschlossen war, nicht mit
Bestimmtheit angeben, ob die Schläge auf der Treppe
geschehen waren. Im Keller befand sich Niemand, die
Hausbewohner waren in der Gaststube und Küche, wo sich
auch das Dienstmädchen mit seinen Eltern befand; eine
ebenfalls beschuldigte, im Hause wohnende Frau hatte
deswegen sich für diese Nacht zu Verwandten begeben.
Seit der Zeit hat es leider wicht wieder geklopft, vielleicht
weil man schon am Dienstag die betr. Treppe von der
Wand abgetrieben hat. Uebrigens hat das Klopfen schon
mehrmals Tage lang ausgesetzt. — Thatsache ist nun
allerdings, dass das Dienstmädchen, eine kaum dem Kindesalter
entwachsene, geistig nicht sehr befähigte Person, durch
das scharfe Verhör seitens des Herrn Polizeilieutenants in
Angst und Schrecken versetzt, gestand, dass es aus Scherz,
um die Neugierde einiger Kinder, die es „gern mal klopfen
hören wollten", zu befriedigen, ein paar Mal mit der
Scheuerbürste an die betr. Treppe geklopft hatte, und diese
seine Aussage auch zu Protokoll gab. Aber auch viele
Andere haben geklopft, theiJs aus Scherz, theils um zu
untersuchen, woher der Schall käme. Mit dem Hammer,
mit dem Stock und anderen Gegenständen ist versucht
worden, das Klopfen nachzumachen. Davon rühren wahrscheinlich
auch die von den beiden Criminalbeamten mit
Ringeln und Kreuzen bezeichneten Eindrücke auf der
Treppe her, auf Grund welcher eben auch die im Hause
wohnende Frau von den Beamten beschuldigt wurde, gepocht
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