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Dr. du Prel: Der Kampf um den Spiritismus in Mailand. 547
oder Weniger der Beobachtung der Phänomene betreffen
können, als auch die daraus zu ziehenden Folgerungen.
Wenn ferner die Theilnehmer an spiritistischen Sitzungen
theils aus erfahrenen und gänzlich überzeugten Anhängern,
theils aus Leuten bestehen, die der Sache fremder gegenüberstehen
und daher noch skeptisch sind, so kann ein gemeinschaftlicher
Rapport für die ersteren das Minimum
dessen sein, was behauptet werden kann, für die anderen
das Maximum dessen, was sie zugestehen.
I.
Als im vergangenen Jahre Professor Lombroso und
einige seiner Collegen durch das Medium Eusapia Paladino
zur Anerkennung der spiritistischen Thatsachen gebracht
wurden,*) war es vorauszusehen, dass, wenigstens was Italien
betrifft, die Frage des Spiritismus in Fluss gerathen
würde. Das ist seither eingetreten. In italienischen,
übrigens auch deutschen und französischen Blättern, ist
über diese „unbegreifliche" Bekehrung viel geredet worden,
natürlich meistens im ungünstigen Sinne, und so war es
mir denn sehr erfreulich, als ich durch Herrn Staatsrath
Aksakow eine Einladung erhielt, nach Mailand zu kommen,
wohin er auch das genannte Medium zu einer Serie von
Sitzungen eingeladen hatte. Es war mir um so wünschenswerter
, mir aus eigener Anschauung ein Urtheil bilden
zu können, als ich nicht zu jenen bevorzugten Geistern
gehöre, die — wie z. B. ein bekannter Arzt in Berlin —
ohne ihr Arbeitszimmer zu verlassen, genau anzugeben
wussten, wie Eusapia ihre Phänomene künstlich, d. h. auf
betrügerische Weise hervorbringe, und wie Lombroso
getäuscht wurde, dessen Bekehrung demgemäss von gar
keinem Gewicht sei.**) Ich dagegen, gleich den meisten
armen Sterblichen, musste mir die Sache selber ansehen,
und musste die Reise nach Mailand antreten, zu der ich
mich aber um so lieber entschloss, als sie mir Gelegenheit
bieten sollte, Herrn Staatsrath Aksakow persönlich kennen
zu lernen.
Aksakow, dem das Verdienst gebührt, den Spiritismus
in Deutschland eingeführt zu haben, — die von ihm
herausgegebenen „Psychische*) Studien" werden demnächst
ihren zwanzigsten Jahrgang antreten, — kann wohl als
♦) Vergl „Psych. Stu 1." October-Hcft 1891 S. 449 ff., 450 ff.,
Januar-Heft 1892 & 42ff., Februar-Heft 1892 S. 49 ff., S. 55 ff., S. 63ff.
und September-Heft 1892 3. 407 ff. — Die Red.
**) Vergl. „Psych. Stud." März-Heft 1892 S. 137 ff. — Die Ked.
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