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Wittig: Der Spuk in L.-Lindenau v. d. königl. Schöffengericht. 581
wir dann wissen, dass unser jenseitiger Zustand das Er-
gebniss von unserem diesseitigen Verhalten sein wird.
JH. Claus,
im Namen vieler Leipziger Spiritisten." —
Hierauf folgte im „General-Anzeiger für Leipzig" Nr.
,')05 vom 5. November 1892 die vorläufige Notiz: —
„Der Spuk in Lindenau. — Heute fand gegen die
mutmassliche Urheberin der Klopfgeisterei im Sander'schen
Restaurant zu Lindenau vor dem hiesigen königlichen
Schöffengericht die Hauptverhandlung statt. Das frühere
Dienstmädchen Sander's, die 14 % jährige Annitta Martha
Herting aus Leutzsch, war der VerÜbung groben Unfugs
angeklagt. Die Verhandlung zog sich sehr in die Länge
und wurde soeben (gegen 2 Uhr Nachmittag) vertagt auf
Grund weiterer Beweisanträge sowohl der Verteidigung
wie der königlichen Staatsanwaltschaft. — Wir werden in
morgender Nummer über das bisherige Ergebniss der Verhandlung
berichten." —
Die 4. Beilage zum „Leipziger Tageblatt" Nr. 568 vom
6. November 1892 brachte hierauf folgende abgekürzte
Mittheilung der ersten Verhandlung: —
„G. Leipzig, 6. November. Der Spuk in der Sander-
sehen Restauration in der Augustenstrasse in Lindenau,
der seit Anfang September bis Anfang October abergläubische
Gemüther, an denen es ja zu allen Zeiten und
allerorten nicht gefehlt hat, beschäftigte, hatte gestern vor
dem königl. Schöffengericht ein Nachspiel. Das Polizei-Amt
der Stadt Leipzig hatte gegen die bei Sander dienende Alida (?)
Martha Harting, geboren am 9. März 1878 in Leutzsch,
eine Strafverfügung über 10 M. wegen groben Unfugs erlassen
, weil die Harting am Morgen des 13. September früh
gegen 7 Uhr mit einem Hammer im Sand er'sehen Keller
gegen die Holzverkleidung geschlagen und hierdurch bei
der damals herrschenden Aufregung über den Spuk im
Sander'schen Hause groben Unfug verübt haben sollte. Die
Harting hatte gegen diese Straiverfügung rechtzeitig Einspruch
erhoben, und so fand gestern vor dem königl.
Schöffengericht Hauptverhandlung statt. In derselben
dehnte der Herr Amtsanwalt die Anklage dahin aus, dass
die Herting nicht nur an jenem Tage, sondern noch zu verschiedenen
Malen in der Zeit von Anfang September bis
5. October mit einer Scheuerbürste, einem Borstbesen u. s. w,
an Hohlräume des Sander sehen Hauses geschlagen und
dadurch jenes Geräusch verursacht habe, welches als Spuk
aufgefasst wurde und das Zusammenströmen von Leuten
veranlasst hatte, Während am 5. October die Harting auf
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