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Wittig: Zur Vorgeschichte des Mtinchener Zeitungs-Angriffes etc. 41
geworden sei, sieh auf Thatsachen stützt, oder die Wahrheit
entstellt
Die Sache verhält sieh so, dass der Thatsachenkern
sehr klein, die Entstellung sehr gross ist: — Ein römischer
Correspondent der „Münchener Neuesten Nachrichten*'
berichtete in einem Feuilleton „Die Geistersitzungen in
Mailand", dass das darüber ausgestellte Protokoll auch von
den Professoren Schiaparelli und Hieltet unterzeichnet sei.
Dies ist nur bezüglich des ersteren richtig. Richet dagegen
ist nur genannt „als bei einigen Sitzungen anwesend", welche
Einschränkung der Correspondent nicht beigefügt hatte.
Als daher Baron von Sehr enck-Notzing bei Richet anfrug, ob
er das Protokoll unterzeichnet habe, erhielt er natürlich
eine verneinende Antwort.
Das wird nun von den Gegnern dahin aufgebauscht,
als sei Richet Antispiritist, dessen wissenschaftlicher Name
von den Spiritisten missbraucht, durch Sehr enck-Notzing
aber gerettet worden sei.
Ich denke nun, es ist das Beste, wenn ich sowohl den
Baron Schrenck aus dem Spiele lasse, — der bei keiner
einzigen Sitzung anwesend war, — als auch den römischen
Correspondenten, — dem in seinem Bericht eine journalistische
Flüchtigkeit passirte, — als sogar mich, der ich sieben
Sitzungen beigewohnt habe, und zwar den entscheidenden,
dann aber früher abreiste, als Professor Richet, und eine
Zeitlang selbst der irrthümlichen Ansicht war, sein Name
im Protokoll habe die Bedeutung einer Unterschritt, weil
er mit Professor lombroso zusammengestellt war, der ja die
spiritistischen Thatsachen anerkannt hat.
Lassen wir also alle drei bei Seite. Entscheidend ist
ja offenbar, welche Ansicht Professor Richet selbst von der
Sache hat. Er hat nur einigen Sitzungen beigewohnt und
zwar nicht den entscheidenden, und darum unterschrieb er
das Protokoll nicht. Da jedoch ein Irrthum noch lange
kein bewusster Missbrauch des Namens ist, so war er —
so schrieb er mir selbst — weit davon entfernt, Jemanden
eines solchen Missbrauches zu beschuldigen. Können ihn
die Spiritisten nicht für sich reclamiren, so die Antispiritisten
noch viel weniger; vielmehr ist er geneigt, — so schreibt er
mir ebenfalls, - die Phänomene für echt zu halten, nur
konnte er jenen Grad der Ueberzeugung noch nicht gewinnen,
welcher nöthig ist, um für so ausserordentliche Dinge einzutreten
. Er werde seine Untersuchungen mit allem Eifer
fortsetzen, da sie „zu den interessantesten Dingen gehören,
die man auf dieser Erde studiren kann/'
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