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50 Psychische Studien. XX. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1893.)
den Scherz gemacht habe, im Keller mit einer Scheuerbürste
zu pochen. Sie habe etwa in Zwischenräumen von
10 zu 10 Minuten dreimal mit der Bürste an der Kellerthür
angeschlagen. Tags zuvor waren bereits die Leute
auf der Strasse ob des Pochens zusammengelaufen. Nach
längerem Verhör giebt die Angeklagte schliesslich zu, dass
sie am Sonnabend der nächsten Woche nochmals gepocht,
doch habe sie da nur aus Versehen mit dem Besen an die
Treppe gestossen.
„Von einer Reihe geladener Zeugen wird zunächst
Herr stud. med. Franz Theodor Göbel vernommen. Nachdem
Herr Göbel am Abend des 12. September das Locai
polizeilich geschlossen gefunden hatte, weil das Pochen einen
Massenauflauf verursacht hatte, war er am Morgen des
13. September, früh gegen 7 Uhr, in Begleitung mehrerer
Bekannter wiedergekommen und hatte mit Genehmigung der
Frau Sander tief unten im Keller, am vermeintlichen Sitze
des Spukgeistes, sein Glas getrunken. In dem Räume stand
ein leeres Fass und ein kleiner Tisch. Am Erdboden fand
er einen Hammer, dessen Lage er durch einen rothen
Strich markirte. Einer seiner Begleiter, Herr Clemens von
Bönninghausen, nahm gleichfalls im Keller Platz; als die
Herren jedoch eine Tasse Kaffee wünschten, wurde ihnen
von Herrn Sander bedeutet, dass Kaffee im Keller nicht
verabreicht werde. Auf den Spukgeist warteten sie vergeblich.
Kaum hatte indes Herr Göbel den Keller verlassen und Herr
Bönninghausen in einer Nebenabtheilung, dem sogenannten
Kohlenkeller, sich versteckt, als das Pochen mit zwei
Schlägen begann. Herr Göbel kehrt eiligst in den Keller
zurück und sieht auf der einen Seite des erwähnten Tisches
eine Frau und auf der anderen ein junges Mädchen stehen,
welche den Hammer, der vorhin noch am Erdboden gelegen
hatte, eben hinter sich auf den Tisch legte. ,Aha<, rief
Herr Göbel aus, ,jetzt haben wir den Spukgeist, nun wollen
wir selbst einmal spuken!' und schlug zwei Mal mit dem
Hammer an eine Leiste des Treppengerüstes, — es dröhnte
genau so wie vorhin. Im Halbdunkel des Kellers hat der
Zeuge nicht erkennen können, ob das Mädchen mit dem
Hammer die Angeklagte war. Er zog sich bald wieder an
die Oberwelt zurück, weil er das Getühl hatte, als solle er
von verschiedenen Herren, die sehr anständig ausgesehen,
gelyncht werden.
,,Der Zeuge Herr von Bönninghausen bestätigt diese
Mittheilungen. Es war gerade in dem Momente gepocht
worden, als er sich nach einem Bierzapfen gebückt hatte,
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