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Kurze Notizen. 55
verweigert haben. Und sogar an heiligen Sonn- und Festtagen
sind die geistlichen Herren auf die Wand gestiegen
und haben oben ohne Rücksieht auf Gott und die Welt
Kegel geschoben. Deshalb sind sie verwünscht worden und
müssen ihr Kegelspiel fortsetzen bis zum jüngsten Tag. —
Auf der Höhe des Kirchsteins haben nach der Sage die
Benedictbeurer Herren ihre Namen an die Wand geschrieben,
und dort, wo jetzt des grossen Kaisers (Wilhelm I.)
Gedenktafel angebracht ist, dort soll die älteste Schrift aus
dem Jahre 1548 gestanden haben. — Der Schmied-iFYori
ist ein 'Wissender', der genau Bescheid geben kann über
die Sagen und Geistergeschichten seiner berg-
umrahmten Heimath, die Ueberbleibsel aus einer Zeit, wo
noch mehr Wunder geschahen, weil die Menschen sich
nicht wie heutzutage selber helfen konnten. Er weiss, dass
man zu gewissen Zeiten auf den Klang der Benedicteu-
glocke horchen muss, damit einem die Hexen nicht
ankönnen. Das ist eine gar bedeutsame Glocke, bei deren
Guss der Prälat und die Klosterherren ganze Hände voll
geweihter Silberthaler hineinwarfen. Beim Klostersturm
sollte diese Glocke eingeschmolzen werden; aber das wollten
die Einwohner nicht, sie sammelten Geld, selbst der ärmste
Dienstbote musöte 24 Kreuzer geben, und so brachte man
die nöthigen 2000 Gulden zusammen, um die Glocke, die
man zu rechter Zeit drei Stunden weit hört, frei zu kaufen.
— Die Hohenburger und Lenggrieser Burschen lachen
freilich oft den glaubensstarken Flori aus. ''s war z?dumm',
meinen sie. 'die alten Weiberg'schichten baumfest z'glauben'.
Aber nachts um 12 Uhr ginge doch keiner auf den
Lenggrieser Friedhof, wo im Jahre 1742 die Panduren
unter Oberst Trenck von den Geistern der Verstorbenen
in die Flucht geschlagen wurden.
Der Flori wei^s jene Geschichte haarklein vom Urgrossvater
her, — wie die Räuberschar vor dem Dorfe lag und in der
Umgegend alles niederbrannte; da kam der Geistliche
heraus und lud sie ein, nur vorwärts zu reiten, sie würden
Mannschaft so viel finden, wie Körner in eine Metze gingen.
An der Kirchhofmauer angelangt, fanden die Panduren den
ganzen Friedhof voll Leute, alle weiss. Es waren die
Geister der verstorbenen Brüder, die Eltern, Ahnen und
Urahnen, die aus den Gräbern gestiegen waren und sich
mit Sensen und Hauen zur Wehr setzten. Die Panduren
erschraken dar ob nicht wenig und flohen voll Entsetzen von
dannen. — Und von seinem Vater selig her kennt der
Flori auch die geheimnissvolle Sage vom 'Wispert, dem
seitsamen Geist, der nur an heiligen Zeiten, so an Aller-
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