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66 Psychische Studien. XX. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1893.)
dem Vorwort, welches der genannte Gelehrte zu der von
ihm herausgegebenen Broschüre: — „Can matter think?
A problem in psyehics", — (d. h. „Kann Materie denken ?
Ein psychisches Problem"), deren eigentlicher Verfasser
nicht genannt wird, geschrieben hat. Es ist dies Nr. 4 der
von Coues herausgegebenen sogenannten „Biogen Series"
oder „Aufsätze über die Entstehung des Lebens" (Boston,
Estes and Lauriat.)
„Ich kann" — sagt Coues am Schlüsse dieser Vorrede
— „die Lecture von: — 'Kann Stoff denken? — mit gutem
Gewissen allen jenen empfehlen, welche sich gern aus
dem Schlamme eines blinden Physicismus und krassen
Materialismus herausarbeiten möchten und auf sicherem
wissenschaftlich fest begründetem Boden den ersten Schritt
in das psychische Gebiet wagen wollen." — Die hier von
Coues gekennzeichnete Menschenklasse ist sicher auch bei
uns Deutschen in sehr zahlreichen Individuen vertreten, so
dass ich durch demnächstige Veranstaltung einer deutschen
Ausgabe jener Brochure: — „Kann Stoff denken?" — einem
Bedürfniss entgegen zu kommen hoffe. Doch nicht der
Inhalt dieser Schrift selbst ist es, was uns in Folgendem
beschäftigen wird, sondern vielmehr das Coues'sche Vorwort
zu derselben, dessen Beweis für obiges, Manchem ein gewiss
etwas alizuhart erscheinendes Zeugniss. Er sagt darin: —
Im klassischen Alterthum, bei den griechischen
Philosophen, finden wir die Anschauung vertreten, dass das
Menschenwesen aus drei Hauptbestandteilen oder Principien
sich zusammensetze, aus 1) der Vernunft oder Erkenntnissfähigkeit
, dem denkenden Pnncip, oder kurz dem Geist;
2) dem Körper, wie einen solchen das Mineral, die Pflanze,
das Thier besitzt; und 3) der beide vermittelnden Thier-
Seele, wie eine solche jedem lebenden Wesen innewohnt.
Diese trinitare Vorstellung des Menschen bei den griechischen
Denkern in Zusammenhang zu setzen mit der Bedeutung
der Zahl drei, mit der Thatsache, dass wir Menschen
dreidimensionale Wesen sind, ist wohl naheliegend. Nun
spielt aber noch eine andere einfache Zahl eine grosse
Kolle in Natur und Menschenleben. Das ist die Zahl
sieben. Die Physik theilt das Sonnen-Spectrum in sieben
Farben; die Musik zählt zwischen jeder Octave sieben Töne;
die Woche hat sieben Tage, die Dichter machen sieben-
füssige Verse, u. s. w. So finden wir beinahe überall in
Wissenschalt, Kunst und Leben das „Gesetz der Sieben"
ausgedrückt, und werden uns nicht wundern, wenn wir
hören, dass schon vor langer, langer Zeit im fernen Asien,
der Wieere der Menschheit, denkende Köpfe unter den
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