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70 Psychische Studien. XX. Jahrg. 2. Heffc- (Februar 1893.)
demselben gegenüber? leb zweifele keinen Moment daran,
dass deren allermeiste Vertreter dasselbe als müssige
Erfindung pbantastiseber Orientalen zu verwerfen bereit
sind. Aber sehen wir einmal zu, wie sich die orthodoxe
Wissenschaft im Lichte dieser orientalischen Grübeleien
ausnimmt. Womit beschäftigt sich unsere Wissenschaft?
Ganz ausschliesslich mit Ni\ 1 (Rupa). Hierüber ist sie
Dank dem Ameisenfleiss ihrer Forscher gut informirt. Einige
Wenige der Letzteren fangen in den letzten Jahrzehnten
an, etwas nach Nr. 2 hinüber zu blicken (Hypnotismus).
Aber die orthodoxen Herren wollen Nr. 2 aus Nr. 1 erklären,
was nach unserem Schema verlorene Mühe sein wird.
Im Allgemeinen gelangt also unsere Wissenschaft nur
höchstens etwas über Nr. 1 hinaus, so dass Coues sich
berechtigt glaubt, derselben jene oben angeführte Note l1^
ausstellen zu sollen.
Sicherlich aber hat es zu allen Zeiten Menschen gegeben,
die ihre Hauptaufgabe darin erblickten, die Gesetze zu
erforschen, welchen die höher liegenden Grundtheile Nr. 2
bis 5 unterliegen. Diese sind nicht „physischer", sondern
„psychischer44 Natur, und dieses Wissensgebiet nennt Coues
kurz „Psychik". Psychik wäre demnach jene Wissenspartie,
in welche alle über Jiva, Linga, Karna und Mauas gemachten
Erfahrungen einzureihen wären. „Sie umfasst", sagt Coues,
„alles, von den Grillen eines abergläubischen Spiritualisten
angefangen, bis hinauf zu dem System einer geistig erhabenen
Philosophie, oder dem Codex der Metaphysik/4*)
Wenn, wie aus dem Bisherigen zu ersehen, bei Coues
in Bezug auf ihre Haltung zur Psychik die orthodoxe
Wissenschaft schon recht schlecht wegkommt, so ist dies in
noch viel höherem Grade der Fall, wenn er zum Schluss
dieser interessanten Einleitung zu jener Broschüre: —
„Kann Stoff denken ?" — auf die orthodoxe Theologie zu
sprechen kommt. „Sie tappt" — sagt er — ,,nur im
Finstern, um ßuddhi oder Atma zu erreichen." Natürlich
ist hier ein Unterschied zu machen zwischen orthodoxer
Religion und handwerksmässiger, dogmatisch - orthodoxer
Theologie, und die letztere, namentlich die im Gewände des
Protestantismus einher schreiten de ist es, auf welche der
Psychiker Coues mit der scharfen Lanze der Kritik, deren
Spitze allerdings in Humor getaucht ist, einstürmt.**)
*) Man vergl. die Note S. 527 des November-Heftes 1892 der
„Psych. Stud." — Die Red.
**> Man vergl. hierzu noch Robert Dale Owen's, ehemaligen
amerikanischen Gesandten zu Neapel 2 Bände: — „Das streitige
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