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Ein Justizbeamter: Ein vorgeschlagenes Experiment etc. 81
Körper, diesem Befehle nachzukommen hat? Die bis jetzt
in der Hypnose gemachten Erfahrungen lassen diese Frage
bejahen.
In dieser Richtung bewegt sich nun das Experiment,
welches vorzuschlagen ich mir erlaube. Es ist dem in der
Hypnose befindlichen kein Auftrag zu ertheilen, den er noch
im lebenden Zustande auszuführen hätte, sondern der Befehl
ginge dahin, dass der Hypnotisirte seiner Zeit eine bestimmte
Frist nach seinem Ableben sich bestimmten, in den Befehl
aufgenommenen Personen derart zeigen solle, dass er z. B.
ihrem Gesichtssinne wahrnehmbar werde. Doch kann auch
eine andere Formel gewählt werden.*)
Selbstverständlich wäre dieses Experiment nur an
solchen Personen zu machen, deren Lebenslicht ohnehin
bald erlöschen wird; demnach wären Aerzte in erster Reihe
berufen, dieses Experiment anzustellen.
In diesem Experiment liegt ein zwingendes Moment,
nämlich der in der Hypnose ertheilte Befehl.
Ob dieses Experiment irgendwo schon durchgeführt
oder mindestens angeregt wurde, ist mir nicht bekannt;
wenigstens ist mir eine Mittheilung über ein derartiges
Experiment noch nicht zu Gesicht gekommen.
Es ist nun Aufgabe derjenigen, die sich dafür interessiren
und sich mit Hypnotismus activ befassen, dieses Experiment
vorzunehmen, und die Resultate desselben in dieser
geschätzten Zeitschrift zu veröffentlichen.
Der Hypnotismus.
Allgemeiner Ueberblick.
Von Dr. A. Ullrich.
I.
Mit den Phänomenen des Hypnotismus sucht man gar
zu gern und immer wieder den Begriff des Wunderbaren
und Mystischen zu verknüpfen, um dadurch — vielleicht
absichtlich — vor dem ernsten Studium und der praktischen
Anwendung dieses jüngsten Zweiges der Wissenschaft eindringlich
zu warnen. Und doch leben wir alle in einer
*) Unseres ulrachtens liegen bereits solche Fälle vor, in denen
sich Freunde oder Liebende gegenseitig (allerdings ohne bestimmten
hypnotischen Befehl) das Wort gegeben und auch gehalten haben,
einander nach ihrem Tode zu erscheinen. Man vergl. Graf Seherr
Thosz: — „Aus dem Gebiete des Uebersinnlichen" — in „Psych.
Stud,u November-Heft 1388 S. 484 ff. - Der Sekr. d. Ked.
Psychische Stadiim, Februar 1893. 6
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