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98 Psychische Studien. XX. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1893.)
gewandte Beschwörung, 'er müsse das Kind verlassen, er
habe kein Recht, ein Geschöpf Gottes zu quälen1, gab er
immer und immer wieder zur Antwort: — ,Ich kann nicht/
— Auf die sodann gestellte Frage, 'warum er das Kind
nicht verlassen könne', gab er zur Antwort: — ,weil diese
Herz immer verwünscht/ — 'Verwünscht sie jetzt noch?'
fragte ich. Antwort: — ,Ja/ — 'Also so lange die Frau
das Verwünschen nicht lässt, kannst du das Kind nicht
verlassen?' fragte ich der Besessenen. Er erklärte: — ,Ja/
— 'Aber du musst dieses Kind verlassen, beschwor ich ihn,
trotzdem diese Frau immer verwünscht; Gott ist mächtiger
als du, und ich habe als Priester Gewalt über dich.' -
Da schrie er ganz boshaft: — ,Ich mag nicht.' — Hierauf
beschwor ich ihn, zu sagen, 'ob und wann er denn aus diesem
Knaben ausfahren wolle?' Die Antwort lautete: — ,Ich
weiss es nicht.' — Ich stellte sodann die weitere Frage,
'wie lange er schon das Kind im Besitz habe?' Er sagte:
— ,ein halbes Jahr.' — Diese Aussage ist richtig, denn
seit einem halben Jahre befand sich der Knabe in diesem
traurigen Zustande. Nun beschwor ich ihn, mir zu erklären,
warum er das arme unschuldige Kind so quäle, da er über
dasselbe auch sonst noch keine Herrschaft habe, weil es
sich ihm noch nicht durch eine Todsünde geopfert habe.'
Auf dieses hin sagte er: — ,weil ich muss.' — 'Warum?'
fragte ich ihn sofort: — ,Weil diese Herz immer verwünscht,
und so lange dies der Fall, kann ich nicht gehen,' erwiderte
er. Als ich ihm noch einmal erklärte, 'er müsse trotzdem
gehen, mag diese verwünschen oder nicht', sagte er wieder
ganz boshaft: — ,ich mag nicht.' — 'Aber du musst doch
gehen', erklärte ich, 'und ich beschwöre dich bei Gott dem
Allmächtigen, jetzt offen zu bekennen, wann du gehen
willst.' — ,Ich weiss es nicht', — sagte er mir ganz verächtlich
. Nun fragte ich auch noch den Teufel, 'welchen
Namen er habe/ Er sagte mir: — ,ich weiss es nicht.'
Der ganze Bericht schliesst mit den Worten: — Diesen
Bericht hat P. Aurelian, der den Teufel austrieb, zum
ewigen Andenken für das Provinzial-Archiv Altötting, sowie
für das Kloster-Archiv Wemding verfasst." —
Die Sachverständigen sagten Folgendes aus: —
Dr. /. E. Pruner, Domprobst in Eichstätt, giebt auf Wunsch
des Vertheidigers, obwohl der Präsident die Vernehmung
der Sachverständigen für überflüssig hält, an, — „dass
P. A. nach der sententia der katholischen Kirche an ein
maleficium (Verbrechen der Zauberei) glauben konnte. Vom
Standpunkt des katholischen Theologen muss er glauben,
dass Besessenheit möglich und wirklich ist. Man darf nur
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