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Kurze Notizen
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Eue Thoniii. Eine Kapelle haben sie sich gebaut hinter
dem Pantheon. Der Advokat am Appellationshof Human
predigt dort jeden Sonntag stundenlang. Er hat eine
Predigt drucken lassen, sie bildet drei umfangreiche
Broschüren, diese eine einzige Predigt. Man will in den
geheimen Sinn der heiligen Schrift eindringen , dann käme
man zu der wahren Religion. Man glaubt an eine unsichtbare
Greisterwelt, die mit der sichtbaren
irdischen in Verkehr steht, und zwar dergestalt,
dass die wahrnehmbaren Gegenstände eigentlich geistige,
unsichtbare Dinge darstellen. Aber nur die schlechten
Geister machen sich den Menschen sichtbar, die guten leben
ruhig im Unsichtbaren. Sie sind wie wir, obgleich Geister,
verheirathet. Das alles haben die Swedenborgianor in
vierzigjährigen somnambulistischen Erfahrungen mit
Gewissheit erschlossen, und sie haben auch eine Revue, in
der sie ihre jenseitigen Betrachtungen niederlogen;*) Lecomte
leitet sie. Der Begründer dieser Religion vom Jenseits ist
A. Cdhaignet) die Zahl ihrer Anhänger ist zwar erst einige
Hundert. Um so zahlreicher ist die 'buddhistische Schule',
die seit zwei Jahren mit Erfolg die jungen pariser Brauseköpfe
für den Buddhismus gewinnt; schon an 50,000 Pariser
bekennen sich zum Buddhismus! Ihr Gründer de Rosny
ist einer der ausgezeichnetsten französischen Orientalisten.
Er fordert von seinen Buddhisten: — Arbeiten an ihrer
Heilung unaufhörlich, Hilfe leisten allen Geschöpfen, auch
den Thieren, Wahrheit suchen, alle Wesen lieben, auch die
Thiere, denn auch diese lassen sich zu moralischen Wesen
emporheben, die man deshalb auch nicht tödten dürfe. Der
Neu-Buddhismus ist infolgedessen vegetarisch. Ferner
verbietet er das Duell und alle gewaltthätigen Neuerungen,
gebietet in Uebereinstimmung mit dem bekannten Gebote
Christi, alle Beleidigungen und Ungerechtigkeiten zu ertragen,
Fleisch und Fleischeslust abzutödten: thut Busse, Buss«,
Busse! — 'Der Neu-Buddhismus ist* — so definirte ihn
Pater Forbes, der zu ihm übergetreten, etwas unklar, —
'eine Philosophie, gegründet auf dem Gedanken des
Positivismus und der JNothwendigkeit einer unserer Epoche
angemessenen Religiosität.' — Es ist gewissermaassen di<>
Einsetzung einer dogmenlosen, handlichen Rehgionsübung
'statt der strengen Religionsbekenntnisse, welche die
*) lieber Swedenborg und seine Anhänger findet man in
Am «T. Davis Schriften über „Die Grosse Harmonie", besoadeis im
„Zauberstab" und „Arzt14, erwünschte Belehiung. Deutsch bei Oswald
Mutze in Leipzig. — Der 8ekr. d. Red,
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