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120 Psychische Studien. XX. Jahrg. 3. Heffc. (März 1893.)
oft eine Nonne Andreae erscheinen. Die Geister sollen dann
ganz eigentümliche Sachen machen, Stühle auf ihren Kopf
stellen u. s. w., u. s. w. — Angeklagte: — Das weiss ich nicht.
4i — Präsident: — Warum wird aber bei den Sitzungen immer
ein dunkler Raum hergestellt und dieser noch durch eine
Gardine von den Zuschauern getrennt? Es ist nicht recht
erfindlich, warum Geister erst solche Vorbereitungen treffen!
— Angeklagte: — Die Geister haben geschrieben, dass es
so sein müsse, da die Photographen in ihrer Dankelkammer
ja auch kein Licht haben. — Präsident: — Wie gelangen
Sie in den Zustand des Trance? — Angeklagte: — Dazu
genügt mein Wille. Ich erwache zuletzt immer von selbst.
— Präsident: — Es passiren dabei doch noch recht eigentümlich
e Dinge: durch den festen Vorhang wandern Uhren,
und oberhalb des Vorhanges zeigen sich klauenartige kleine
Hände. — Angeklagte: — Davon weiss ich Nichts.
In ihren weiteren Aussagen giebt die Angeklagte an,
dass sie ihre Vorstellungen nie aus freien Stücken, sondern
stets auf Aufforderung gegeben habe. Geld habe sie nie
verlangt, es sei ihr vielmehr nur aufgedrängt worden. Die
Angeklagte, deren jüngstes Kind 14 und deren ältestes
24 Jahre alt ist, bestreitet, dass sie in Dresden dem Untersuchungsrichter
Landgerichtsrath Weingart freiwillig einen
Betrug eingestanden habe. Sie habe vielmehr aus Angst
das geantwortet, was der Untersuchungsrichter von ihr
verlangte. Derselbe habe ihr gedroht, sie dem Staatsanwalt
wegen Meiueides vorzuführen, wenn sie sich unterstehen
sollte, eidlich zu erhärten, dass sie wirklich mit Geistern
in Verbindung stehe. Sie wisse auch nichts davon, dass,
als sie angeblich in Dresden entlarvt worden sei und man
sie in weisser Gaze attrapirt hatte, ihr Mann selbst gesagt
habe: — „Die Geistererscheinungen sind ja Schwindel, aber
ein Sehreib-Medium ist meine Frau 1" — Präsident: — Sie
bestreiten also, sich des Schwindels schuldig gemacht zu
haben? — Angeklagte: — Nur einmal habe ich etwas
Unrechtes gethan; da hat ein Geist geschrieben, dass ich
ein Gazekleid anziehen solle, da meine Kraft zu schwach
sei. —
[Präsident: — Durch Ihr Auftreten als Medium verdienten
Sie viel Geld ? — Angeklagte: — Ich habe niemals
Geld verlangt. — Präsident: — Das mag sein, Sie Hessen
es sich aber gefallen, dass Ihnen stets ein sehr ansehnliches
Douceur gegeben wurde? — Angeklagte schweigt. — Präs.: —
Sie haben bei dem Untersuchungsrichter in Dresden eidlich
erklärt, dass Ihre Geistererscheinungen auf Schwindel beruhen ?
— Angeklagte: — Es wurde mir dort mit Verhaftung gedroht
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