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Wittig: Frau Valeska Töpfer vor der zweiten Berliner Instanz. 123
Hierauf beginnt die Beweisaufnahme,
Dr. Hans Spatzier erklärt, dass er Dr. phil. und Lehrer
der Humboldt-Akademie und auch medicinisch thätig sei. Er
bei überzeugter und gläubiger Spiritist und kenne die Angeklagte
schon längere Jahre. Dieselbe sei nie aus eigener
Veranlassung, sondern stets auf Einladung in die Sitzungen
gekommen. Der Verein „Psyche" habe ihr einmal angeboten,
ihr zwei Sitzungen zu 10 Mark wöchentlich zu garantiren,
sie habe die Offerte aber abgelehnt, theils weil sie nicht
mehr öffentlich auftreten mochte und ihre mediumistische
Kraft abgeschwächt war, theils weil ihr Sohn besser für sie
sorgen konnte. In weiterer Zwiesprache mit dem Vorsitzenden
und dem Vertheidiger verwahrt sich der Zeuge dagegen,
dass es sich bei all' diesen Dingen um Geister handle, aber
er glaube an intelligente, unsichtbare Kräfte. [Er glaube
nicht an die Möglichkeit der Geisterbeschwörung, er sei aber
überzeugt, dass bei dem Medium gewisse Kräfte mitwirken,
die wir vorläufig noch nicht begreifen können. — Präsident: —
Wodurch lernten Sie Frau Töpfer kennen? — Zeuge: — Ich
hörte vor einigen Jahren von ihrer Mediumkraft und suchte
sie deshalb auf. — Präsident: — Sie haben nun sehr vielen
Sitzungen der Angeklagten beigewohnt und stets ein Eintrittsgeld
dafür bezahlt? — Zeuge: — Ja wohl! — Präsident: —
Eühlen Sie sich geschädigt? — Zeuge: — Keineswegs, ich
würde mich selbst dann nicht geschädigt fühlen, wenn die
Vorführungen der Angeklagten nur künstliche Nachahmungen
gewesen wären. — Präsident: — Sie sind aber
überzeugt dass die Angeklagte keine Täuschungen begangen
hat, sondern volle Mediumkraft besitzt? — Zeuge: — Ja wohl!
— Auf die Frage, wie es sei, wenn einem Medium einmal der
Geist des Pythagoras erschiene, in welcher Weise der sprechen
würde, antwortete der Zeuge: — „Wenn ein Geist dem
Medium erscheint, dann macht er sich durch die begriffliche
Uebertragung dem Medium verständlich, auf die Sprache
kommt es nicht an."] Betrügereien der xlngeklagten auf
physikalischem Gebiete habe er noch nie beobachtet, müsse
aber zugeben, dass leider sehr viele Medien bestehen, welche
Betrügereien verüben.— Rechtsanwalt Wronker: — Woher
wissen Sie denn, dass durch einmaliges Klopfen „Nein",
durch zweimaliges „Vielleicht", durch dreimaliges „Ja" und
durch viermaliges „Grüss Gott" angezeigt wird? — Zeuge:
— Das wird verabredet. — Präsident: — Um so etwas zu
sich zu belehren. Sie verratben ihn leider bei Sachkennern als vollständig
auf dem Gebiete des Spiritismus unbewandert. Aber vielleicht
wollte er den Präsidenten damit nur von den bösen Geistern ablenken.
Der Sekr. d. Red.
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