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Wittig: Frau Valeska Töpfer vor der zweiten Berliner Instanz. 127
und ihre Füsse auch festgehalten, trotzdem seien die
dumpfen Klopflaute, welche aus einem Lampenfuss zu
kommen schienen, fortdauernd hörbar gewesen. [Er müsse
bekunden, dass er bei den Klopftönen geradezu perplex
wurde.] Auf die Frage des Vorsitzenden, ob diese Töne
etwa durch bauchrednerische Kunst*) hervorgerufen sein
könnten, vermag sich Zeuge nicht zu äussern. — Auf eine
andere Frage des Präsidenten giebt Kriminalkommissarius
v. Mantenffel zu, dass auch antispiritistische Zauberkünstler
oft ganz unglaubliche Dinge vollführen. [Er sei überzeugt,
dass die Stimme eines vierjährigen Kindes nachgeahmt war,
ein genaues Bild vermochte er sich aber davon nicht zu
machen. — Es trat alsdann eine Pause ein. — Nach Wiederaufnahme
der Verhandlung erscheint der Zeitungsberichterstatter
Blankenburg^
Schriftsteller Heinrich Blankenburg [ebenfalls Spiritist,
wird gleich dem Dr. Spatzier eidlich vernommen,] giebt seinen
Standpunkt dahin kund: — er glaube nicht, dass die fraglichen
Erscheinungen von Geistern herrühren, dass diese Erscheinungen
aber thatsächlich da sind, das glaube er. Er
habe Frau Töpfer wiederholt zu [8] Sitzungen in seiner
eigenen Wohnung eingeladen, und nur Klopf- und Schreibexperimenten
beigewohnt. Bei diesen Experimenten habe
absolut kein Betrug stattfinden können, er sei vielmehr
überzeugt, dass die Erscheinungen auf wirklich existente
geheime K räfte zurückzuführen seien. Eine Geldentschädigung
würde der Zeuge der Angeklagten nicht gegeben haben,
wenn dieselbe wirklich nur Schwindeleien treibe. [Für ihre
Sitzungen in seiner Wohnung sei sie entschädigt worden,
zumal die Angeklagte, die sich in schlechten Vermögensverhältnissen
befand, aus Schmargendorf gekommen sei und
dafür doch entschädigt werden müsste.]
Dr. [phil. et jur.J Egbert Müller wird uneidlich vernommen,
nimmt an, dass bej der Angeklagten von einer bewussten
Täuchung nicht die ßede sein könne. Er sei überzeugter
Spiritist, und der Spiritismus sei ihm durch Frau Töpfer
zur vollsten Ueberzeugung geworden, nachdem er seine
Experimente an Carl Wolter gemacht hätte. Er habe etwa
hundert Sitzungen mit Frau Töpfer abgehalten und zwar in
seinem Hause und mit einer ganz besonderen Einrichtung,
die einen Betrug vollständig unmöglich mache. Er halte
dieselbe geheim, sei aber erbötig, sie dem Gerichtshofe unter
* Ein Bauchredner vermag wohl in verschiedenen Arten fern
und nah, hoch und tief zu sprechen, zu zischen, zu schnalzen, zu
singen u. .s w., aber keineswegs vermag er physikalische Klopt- und
Kratz-Laute mit seinem Organ nachzuahmen. — Der Sekr, d. Red.
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