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Wittig: Frau Valeska Töpfer vor der zweiten Berliner Instanz. 131
verständige hat eine Reihe von Sitzungen mit der Angeklagten
abgehalten, er muss aber ein grosser Skeptiker sein, denn
die spiritistischen Leistungen seien minimale gewesen. Er
habe auf Wunsch dann auch Sitzungen bei einer Frau
Pritsch mitgemacht, wo die Klopftöne sich hören Hessen.
Ueber den Ursprung derselben sei er sich nicht klar geworden,
möchte vielmehr auch seinerseits sich dem Gedanken an
bauchrednerische Kunststücke zuneigen. Bewegungen von
Gegenständen seien nicht zu Stande gekommen, denn selbst
der berühmte Geist Peter Trenkwitz, der den Spuk von
Resau*) inscenirt hat, vermochte nichts auszurichten. Auch
einige Vorhangvorstellungen hat der Sachverständige mitgemacht
; bei denselben sei immer nur der Geist Abila
erschienen. Der Sachverständige hat die Angeklagte auch
sofort nach dem Trance-Zustande untersucht, aber den von
den Spiritisten behaupteten Zustand, der einem kataleptischen,
lethargischen Zustande ähnlich sehen soll, nicht feststellen
können. Auch irgend einen Beweis für das Vorhandensein
eines bewusstlosen, somnambulen Zustandes hat Dr. Strass-
mann nicht gefunden **) Bei den von dem Zeugen Dr. Cohn
geschilderten Vorgängen sei eine Traumhandlung sicher
ausgeschlossen, hier liege sicher ein bewusstes Handeln vor.
Alles in Allem sei die Angeklagte bei den Thaten, die sie
begangen, nicht in einem Zustande krankhafter Störung der
Geiteskräfte gewesen, welche die freie Willensbestimmung
ausschloss. — Der Vertbeidiger weist darauf hin, dass die
Angeklagte früher einmal gesagt habe, sie habe geglaubt,
dass die Menschen durch solchen Verkehr mit der Geisterwelt
frömmer und religiöser werden würden, — Der Sachverständige
erwidert, dass ihm Frau Töpfer gesagt habe,
sie habe mit religiösen Dingen so gut wie nichts zu thun.
Die Geisterschrift der Angeklagten ist, wie Dr. Strassmann
weiter hervorhebt, eine sehr merkwürdige Erscheinung und
es sei interessant, zu sehen, wie ihre Hand über das Papier
fliegt. Es zeige sich aber doch ein gewisses Stocken, wenn
man nicht die einfachsten Fragen an sie richte. Und nun
der Geist des „Collegen Dr. Achilles". Die Begleiterin der
*) Siehe „Psych. Stud." Jahrg. 1889 S. 91 ff., S. 161 ff., S. 347 ff.,
S. 209 ff. — Der Sekr. d. Eed.
**j Frau Tupfer ist eben ein Medium im Zustande des sogenannten
„verlarvten Trance", der während ihres wachen Zustandes nebenher
geht, wobei es ja auch verlarvten Hypnotismus und Somnambulismus
giebt Davon wissen aber viele Herren Mediciner noch so gut wie
gar nichts, oder glauben noch so wenig daran, wie sie bekanntlich an
den durch Bansen neu auftauchenden Hypnotismus geglaubt haben. —
Der Sekr. d. Red,
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