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i 34 Psychische Studien. XX. Jahrg. 3. Heft. (März 1893.)
liege bei denjenigen Leuten, die sie verführt haben, und
deshalb empfehle sich mindestens eine bedeutende Herabsetzung
der Strafe. — [Vertheidiger Rechtsanwalt Wronker
führt des Längeren aus, dass eine Irrthumserregung in
keiner Weise stattgefunden habe. Die Spiritisten seien
laut ihrer Bekundung nicht geschädigt. Aber auch von
einem versuchten Betrüge könne keine Rede sein. Wenn
ein Taschenspieler sagt, so etwa fährt der Vertheidiger
fort, er könne Geister beschwören, weil er dadurch vielleicht
mehr Zulauf habe, so wird sich Niemand betrogen fühlen.
Ich bin vollständiger Skeptiker, allein wenn zwei gewiegte
Polizeibeamte der Meinung sind, dass die Manipulationen
der Angeklagten auf die Hypnose zurückgeführt werden
könnten, und wenn berühmte Aerzte, wie Dr. Grossmann in
Könitz u. A,, an hypnotische Erscheinungen glauben, so bin
ich als Vertheidiger genöthigt, e\entuell noch andere Sachverständige
, wie den Dr. Grossmann vorzuschlagen. Es erscheine
nicht ausgeschlossen, dass die Angeklagte unter
einer gewissen Suggestion gehandelt habe. Bezüglich des
geistigen Zustandes würde vielleicht ein Obergutachten am
Platze sein.]*)
Staatsanwalt Assessor Dr. Kesseler betont, dass es hier
auf die Frage ankomme, ob, wenn die spiritistische Lehre
wirklich wahr wäre, die Angeklagte ein echtes iMedium sei
oder nicht. Die Beweisaufnahme habe die Negative erbracht.
Die Angeklagte habe ihre Trics betrügerischer Weise ausgeführt
und wohlüberlegt gehandelt. Die Angeklagte sei
eine Schwindlerin, er gebe aber eine Herabsetzung der
Strafe anheim. — [Vertreter der Staatsanwaltschaft,
Gerichts-Assessor Dr. Kesseler, bemerkte, es handle sich
hier nicht darum, ob die Glaubenssätze der Spiritisten
richtig sind, sondern, ob die Angeklagte ein richtiges
Medium sei. Das Auftreten der Angeklagten bei Cohn und
Sauer habe in überzeugender Weise dargethan, dass sie in
betrügerischer Absicht gehandelt.]
[Die Angeklagte betheuert nochmals, auf Befragen des
Präsidenten, dass sie sich keiner unrechten Handlung be-
wusst sei.]
Nach ganz kurzer Berathung erkennt der Gerichtshof
*) In diesem Vorschlage stimmen wir Spiritisten vollständig mit
ihm überein, und zwar müssten diese Oberbegutachter wirkliche
Kenner des Mediumismus und seiner hauptsächlichsten räthselhaffcen
Zustände sein, wie z. B. ein Dr. Lombroso in Turin, ein Prof. Dr. Bichel
in Paris, die Herren der Mailänder Prüfungs-Coramission des Mediums
Eusapia Paladino, kurz Männer, wie der verstorbene Prot. Dr. med.
Der öekr. d. Eed.
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