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1G2 Psychische Studien. XX. Jahrg. 3. Heft. (März 1895.)
menschenähnlichen Gestalten verdichte; dass sie endlich mit
den unbewussten Seelentheilen des Mediums in Verbindung
zu stehen scheine, woraus sich z. B. die vielberufenen
Schiefertafelschriften erklären, welche einen vernünftigen
Sinn geben, bezeichnender Weise aber auch noch niemals
einen in Wissenschaft und Leben eingreifenden neuen
Gedanken zu Tage gefördert haben.*)
Der Geltendmachung dieser Auffassung stehen nach
dem Vortragenden jedoch von zwei Seiten grosse Hindernisse
entgegen. Von Seiten der Spiritualisten der Umstand, dass
sie aus einem menschlich begreiflichen und anerkennens-
werthen Bedürfnisse die Tragweite der Erscheinungen
überschätzten und in Vorgängen Beweise für die Unsterblichkeit
der Seele und einen schon von hier aus möglichen
Verkehr mit den jenseitigen Geistern suchten, die nichts
weniger als dies seien. Zugleich bewirke ein grosser Mangel
an scharfer naturwissenschaftlicher Untersuchungsweise,
dass sie sehr häufig die Beute taschenspielerischer
Schwindeleien wurden.
Hierdurch gewissermaassen erschreckt, sei die Wissenschaft
ihrerseits in einen noch viel weniger gerechtfertigten
Unglauben verfallen. Indem sie kurzer Hand das ganze
Gebiet als Betrug und Schwindel bezeichne, übersehe sie,
dass zwischen diesen und den echten Vorgängen ein scharfer
Unterschied bestehe, auf welchen hin sich völlig ausreichende
Sicherheitsmaassregeln gegen ungehörige Kunstgriffe der
Medien auffinden Hessen. Verschiedene im Uebrigen anerkannte
Gelehrte, wie der Engländer Crookes und unser
Leipziger Zöllner, hatten ihre Versuche unter Anwendung
dieser Vorsichtsmaassregeln angestellt. Gleichwohl seien sie
wegen dieser Arbeiten aufs heftigste angegriffen worden. Bei
Zöllner möge noch der Umstand mitgewirkt haben, dass er
einer der ersten unter den geistigen Führern des deutschen
Volkes war, die sich offen zu dem damals erst aufkommenden
Antisemitismus bekannten, was er, da seine sonstige sittliche
und wissenschaftliche Persönlichkeit keine Angriffspunkte
darbot, durch die Verleumdung seiner spiritualistischen
Thätigkeit und durch die beliebten Wahnsinnsandichtungen
zu büssen hatte. Der Vortragende schloss diesen ersten
Theil seiner Ausführungen mit der Beantwortung der seiner
Zeit von der „N. D. Ztg," an ihn gerichteten Frage: —
*) Iüs Leben greifen diese angeblich von Geistern Gestorbener
herrührenden Schiefertafelschriften und anderen Manifestationen doch
wohl mehr oder weniger moralisch ein und befördern mächtig den
Glauben an den Spiritismus. Dadurch bewegen sie aber auch die
Wissenschaft zur Widerlegung der Bestätigung. D. Sekr. d. ßed.
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