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Wirth: Drei Kulturfragen des Spiritualismus. 167
folgen brauchen. Das Recht hat sich auf eine um die
Thatsache der Farbenblindheit erweiterte Naturanschauung
gestellt.
Und ganz ähnlich mit dem Spiritualismus. Wenn heute
durch Zeugen erwiesen wird, dass sich eine Person in einem
Räume befindet, und es klopft in diesem Räume, so zwar,
dass dieses Klopfen nachweislich durch keine andere Ursache
erfolgen konnte, so muss nach heutiger, amtlich gültiger
Naturanschauung diese Person die Ursache sein und als
solche verurtheilt werden. Ja, sie erhält, wenn sie leugnet,
als verstockte Sünderin vielleicht noch eine Strafverschärfung.
Wie aber, wenn wir eine von lebenden Personen ausgehende,
auch ohne ihren bewussten Willen in Klopfen u. s. w. sich
äussernde, Kraft bereits als Thatsache anerkannt hätten;
wenn wir schon Mittel und Wege besässen, um die Kraft
streng naturwissenschaftlich nachzuweisen, so dass auf sie
hin auch kein Schwindel getrieben werden könnte? Dann
würden endlich auch die Medien des Rechtsschutzes theil-
haftig werden, die in unserem „Rechtsstaate" noch immer
völlig vogelfrei herumlaufen. Das Mittelalter kannte solche
Untersuchungsmittei; es verurtheilte die dadurch Ueber-
fiihrten als Hexen und Zauberer zum Feuertod, weil es für
die Thatsachen nur die eine Erklärung durch den Teufel
hatte. Wir verurtheilen auch, zwar zu menschlicheren
Strafen, aber aus einem Grunde, der tief unter dem finsteren
Mittelalter steht: weil wir nicht einmal die Thatsachen
kennen.
3) Ein Grund allgemeine r Menschli chkeit. —
Der Vortragende wiederholte das schon am 4. November
von ihm mitgetheilte Wort des entlarvten Bastian, dass der
Beruf der Medien ein „elender" sei. Der Einwand der
Gegner: warum werden sie Medien, sei nicht stichhaltig.
Man wähle sich eben diesen Beruf nicht selbst. Man werde
Medium in des Wortes passivster Bedeutung. Die Kraft
melde sich in zerstreuten Anfängen, man spiele mit ihr,
stärke sie durch Reizung; Neugierde immer grösserer Kreise
mische sich ein, endlich der spiritistische Aberglaube; das
Medium sei fertig. Es erlebe seine Glanzzeit, in welcher
es sich, unter Aufgabe seiner übrigen bürgerlichen Thätigkeit,
meist ganz seinem neuen, höheren Berufe widme; allmählich
erlahme die Kraft, aus gelegentlichen kleineren Nachhülfen
würden grössere und häufigere; der Schwindler sei fertig,
wenn nicht vorher durch allzu ungestüme, in der Regel von
den Spiritualisten selbsc mit verschuldete Ausnutzung der
Kraft schwere körperliche und geistige Störungen einträten.
Dies sei der Sachverhalt, dem gegenüber nicht Gehenlassen
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