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184 Tsychische Studien. XX. Jahrg. 4. Heft. (April 1893.)
die Stunde unbekümmerter und in volleren Zügen genossen
haben als ihre heutigen Nachkommen, die gleichwohl auf
sichererem Boden stehen und Feste feiern. [Wohl abgesehen
von der heutigen Spannung zwischen Schweden und
Norwegen, die statt zu einem beiderseitigen eonstitutionellen
Staatenbunde zu neuer Trennung beider Reiche führen
müsste, wenn der jetzige König Oskar TL nicht ein so
beliebter Vermittler und Einiger wäre]. — Entzückend und
sinnerfrischend ist der Blick aus allen Gemächern des
Königsschlosses, deren Fenster nach der Norrbro und dem
Hafen schauen. Hier drängt sich aller Reichthum, aller
eigenthümliche Reiz Stockholms, alle Besonderheit des
hauptstädtischen Verkehrs vor dem Auge zusammen." —
Derait beschaffen ist nun der Schauplatz der im
Vorhergelienden berichteten und besprochenen Vorgänge,
welche jedoch im Munde unserer sie verbreitenden skeptischen
Presse folgenden etwas entstellten Wortlaut angenommen
hat: —
Gespenster im Königsschlosse zu Stockholm
. — Ein Kopenhagener Berichterstatter der „In-
dependence belge<% erzählt folgende sonderbare Geschichte:
— „Es ist seit langer Zeit kein Geheimniss mehr: im Königspalaste
zu Stockholm gehen Gespenster um. Man wusste es
schon vor vielen Jahren, dass es im Schlosse spukt;*) man Hess
deshalb( ? | einen Seitenflügel des Schlosses niederreissen[?] und
ihn später wieder aufbauen, — aber die Geister waren nicht
verschw auden und gaben sich auch in dem neuen Bau ihren
nächtlichen Vergnügungen hin. Vor einem Monat weilte das
dänische Kronprinzenpaar in Stockholm und nahm im Schlosse
Wohnung. Schon in der ersten Nacht ereignete sich etwas
Ungewöhnliches: ein Kammerherr wurde plötzlich von unsichtbarer
Hand aus dem Bette gezogen[?] und auf einen Tisch
gesetzt [?]. Am folgenden Morgen fragte ihn Prinz Johann,
ob er nicht in einem Zimmer einen furchtbaren Lärm
gehört habe. Am Abend dieses Tages schrieb Prinzessin
Louise in einem Saale, in dem alle Lichter brannten.
Plötzlich erschien ein Gespenst, löschte zwei Lichter aus|?]
und sah die Prinzessin scharf an (na, na!); die hohe Dame
die als beherzt gilt, fixirte nun ihrerseits den Eindringling
aus der vierten Dimension, der sich darauf schleunigst
zurückzog und im Corridor[VJ verschwand. Aber es passirten
noch ärgere Geschichten. Prinz Christian, der älteste Sohn
des Kronprinzen, wollte aus einem dunklen Zimmer irgend
*) Vergl. „Psych. Stud." 1890 S. 153 ff.: „Die Vision KarVs XL
von Schweden." — Der Sekr. d. Red.
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