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Hancirich: Ein weiblicher Moses.. 193
befürchtete, durch eine Ausrede die in allen Phasen
occulter Manifestationen nöthige „Condition" zu stören,
der den Zorn der Unsichtbaren heraufzubeschwören.
Nach erfolgtem Signal nahm ich Besitz von den Tafeln,
öffnete den Papier streifen und fand, dass es derselbe war,
den ich an „alle meinen Lieben" gerichtet hatte!
Die eine Seite war mit aufrecht stehender Schrift
bedeckt, der Inhalt bezog sich ebenfalls auf die weitere
Verbreitung der Interkommumkation oder des Verkehrs
mit den Abgeschiedenen, dann kamen noch einige Andeutungen
intimeren Characters (Familienangelegenheiten
betreffend), und die Unterschrift war diejenige eines
hervorragenden ehemaligen Superintendenten der hiesigen
Stadtschulen, den ich zwar nicht im Leben persönlich
kannte, mit dem ich aber wiederholt vermöge medianimer
Intervention verkehrt habe.
Die andere Seite der Tafel trug die Ueberschrift: —
„An meinen lieben Sohn"; der Inhalt der Kundgebung war
ziemlich allgemein gehalten, die Unterschrift dagegen
— yCarl H" — war das Facsimile derjenigen meines Vaters.
Am Schlüsse hiess es wörtlich: — „All your Lieben are
present" („Alle deine Lieben sind anwesend"). —
Für den nächstfolgenden Versuch blieb mir nur noch
der dritte, an einen Freund gerichtete Papierstreifen übrig,
der dessen vollen Namen trug. Anstatt dessen Kundgebung
fand ich nachdem die Procedur auf die nämliche, wie vorstehend
geschilderte, Art und Weise beendigt war, eine
Botschaft» die mit den Worten: — „My dear One" (also
das Synonymum für: — „Mein Lieber'*) begann. Der Inhalt
bestand nui aus einer EYeudenbezeugung über die
demonstrirte Möglichkeit des Verkehrs und trug als
Unterschrift das Wort: — „Mutter", und nebenher war der
Name meiner Schwester voll und richtig beigefügt. Als
Postscriptum hiess es: — „Christel ist auch da/* — Es ist
dieses der abgekürzte Name für „Chrisiina", eine Nichte,
die nach dem vor mehr als vierzig Jahren erfolgten Tode
meiner Mutter für geraume Zeit unserem Haashalte
vorstand und, wie ich inzwischen vernommen habe, vor
einigen Jahren in Deutschland starb. —
Nachdem ich meinen Obolus auf dem Altar des
weiblichen Charon geopfert hatte, richtete ich auf der
Heimreise nach der Kirchenstadt par excellence die Frage
an mich: — ,,Im es das 'alter ego', das 'Doppel'-, das mit
magischer Kralt begabte 'psychische Wesen' der Frau,
welches die Phänomene bewirkt?" — Meine mir selbst
gegebene Antwort lautete: — „Jedenfalls eher, wie die
Psychische Studien. April 1893. 1£
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