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206 Psychische Studien. XX. Jahrg. 4. Heft. (Apiil 1893.)
III. Abtheilung.
Tagesneuigkeiten, Notizen u. dergl.
Moltke s spiritistische Anschauungen.
Zum zweiten Gedächtnisstage seines Todes am 24. April 1891.
Von Gr. C. Wittig.
Moltke, über dessen Tod und halb spiritistische Anschauungen
wir „Psych. Stud." Mai-Heft 1Ö&1 S. 237 ff.
bereits berichtet haben, schreibt in seinen Briefen an seine
Familienangehörigen, insbesondere an seinen Bruder Adolf,
aus Ferridre, den 22. September 1870, nach der Einschliessung
von Paris: — „Heute hatte ich einen Brief von Geheimrat
von Frankenberg, welcher Euch in Kreisau besucht hat. Der
gute alte Herr schickte mir ein Epheublatt von der Kapelle.
[In ihr ruhte nämlich seine im Jahre 1868 an Weihnachten
gestorbene Gemahlin. Ref.j Ja, hätte Marie diese Zeitläufe
noch erlebt! Aber ich denke, die hingeschiedenen Menschen
verlieren nicht die Kenntniss irdischer Dinge, und ihr
patriotisches Herz nimmt an allem Theil." — Diese Ansicht
schliesst sich an die beim Tode Moltke's in den „Psych.
Stud." Mai-Heft 1891 S. 237 ff. bereits von uns mitgetheilte
eng an. Um das tiefinnerste Fühlen des grossen Feldmarschalls
zu kennzeichnen, folge hier noch der Schiuss
seines Schreibens aus Versailles v. 12. October 1870: —
„Hier in Versailles zum Beispiel könnte man glauben, dass
tiefer Friede ist, wenn nicht von Paris der Kanonendonner
erdröhnte. . . Freilich bleiben die Lasten und Requisitionen
sehr gross, und alles hofft auf ein baldiges Ende aller
Kalamitäten. Ich nicht am wenigsten, und manchmal habe
ich eine Sehnsucht nach der stillen Ruhe des Kapellenberges
. Die Nachrichten aus der friedliche!) Heimath sind
Sonnenblicke in dem rastlosen Treiben und der aufregenden
Spannung, in welcher wir hier leben." — („Ueber Land und
Meer", Nr. 2, 1892.) — In einem weit früheren Briefe an
seine damals verlobte Braut, d. d. Berlin, den 1. November
1841 schreibt er am Schlüsse: — „Wenn Du, eben heut,
Abends meinen Brief liesest, so stehe ich gerade vor Dir,
nur erblickst Du mich nicht, weil Du die schönen Augen
auf das Papier und das garstige Geschreibsel gerichtet
hast. Höbest Du sie sehr schnell und plötzlich empor, so
müsstest Du wenigstens das letzte Ende des Schattens
meines lila Schlafrocks noch erblicken, in welchem ich mich
eben befinde. Ich glaube ein bisschen an magnetischen
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