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Kurze Notizen.
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„Oschatzer Tageblatt" auch noch eine grosse eiserne Kugel
gesellt, die in einem Gebäude daselbst herumrasen soll. In
einem Hause hat man sogar den Fussboden aufgerissen, da
unter ihm unaufhörliches Klopfen auf das Treiben der
Geister schliessen Hess. Als vor einiger Zeit ein alter
Stallschweizer, wie es scheint, nebenbei ein moderner
„Doctor Faustus16, die Geister beschworen hatte, herrschte
eine lange Zeit über Ruhe. Man gab dem Braven für das
Vertreiben der unheimlichen Gäste freiwillig 5 Mark zur
Belohnung. Da diese 5 Mark aber in Folge Vorstellungen
Seitens einiger Vernünftiger zurückgefordert wurden, begann
der Unfug, wie es der „Geisterbeschwörer" vorausgesagt
hatte, von Neuem. Viele Kinder und auch Erwachsene
wagten sich des Abends nicht mehr auf die Strasse. Durch
energisches Forschen soll es jetzt gelungen sein, den „umgehenden
Geist'* in der Person des 12jährigen Bahnwärtersohnes
Heibig zu entdecken. Es wird angenommen,
dass die Mutter d* s Jungen mit im »Spiel ist. („Leisniger
Tageblatt vom 15. Februar J893.) Was wir mit demselben
Recht bezweifeln, bis zum stricten Beweise des Gegentheils.
D. Red.
e) In einem Artikel: — rHistorische Maskenbälle" von
Justus Brandt in der 1. Beilage zum „Leipziger Tageblatt"
Nr. 72 v. 9. Februar er. lesen wir u. A. Folgendes: — „Im
Leben des späteren Landgrafen Friedrich IL von Hessen-
Cassel hat ein Maskenball eine wichtige Rolle gespielt, was
wir hier namentlich deswegen erwähnen, weil jener als das
Urbild des Fürsten in Schillert 'Geisterseher' gilt. Der
Landgral hatte als Erbprinz eine italienische Reise unternommen
und war im Jahre 1749 zum Katholicismus übergetreten
; von 1759 bis 1760 bekleidete er als preussischer
General der Infanterie den Posten eines Vice-Gouverneurs
von Magdeburg. In der Nacht vom 31. Januar zum
1. Februar 1760 wohnte der Erbprinz nun einem von dem
in Magdeburg damals residirenden preussischen Hofe
gegebenen maskirten Balle bei. Er war als Domino
erschienen. Schlag 12 Uhr trat eine als Armenier gekleidete
Maske auf ihn zu und deutete auf die im Saale befindliche
Uhr mit den Worten: — 'Hoehfürstliche Durchlaucht,
soeben ist der Landgraf gestorben!' — Der Armenier verschwand
hierauf unter den Ballgästen, wurde aber nachher
als ein früher m Hessen bedienstet gewesener ungarischer
Husarenoifizier erkannt, der die Gabe des zweiten Gesichts
zu haben behauptete. Erst nach zwei Tagen traf aus
Einteln, dem damaligen Aufenthaltsorte des regierenden
Landgrafen Wilhelm VIII, die Nachricht von seinem wirklich
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