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Rahn: Bericht über einen örtlichen Spuk in Berlin. 229
auf und im Spinde. Abends, als beide Ehegatten im Bette
liegen, und zwar Frau S. diesmal auf Wunsch ihres Mannes
an der Wandseite, wird sie aus dem Schlafe geschreckt,
und es wälzt sich etwas Schweres auf ihre Füsse über der
Bettdecke und bleibt dort auf derselben liegen, so dass sie
diese nicht bewegen kann, und sie empfindet eine eisige
Kälte. Die schwere Masse bleibt wohl eine halbe Stunde
so liegen und wälzt sich dann langsam wieder herunter.
Sofort klinkt es drei bis vier Mal an der Flurthür, und
mit dem innen im Schloss steckenden Schlüssel schliesst
es auf und zu. Herr S. kommt nun endlich am anderen
Tage zu dem Entschlüsse, sich zu erkundigen, was es mit
diesen Störungen für eine Bewandtniss habe, und auf viele
Erkundigungen wird ihm gesagt, er solle sich an einen
spiritistischen Verein, resp. an Herrn Dr. Spatzier wenden.
Das thut er denn auch, und Dr. Spatzier verspricht ihm
einen Besuch. Er kam dann auch am Abend darauf in
Begleitung des Schriftführers der „Psyche", Herrn Hoffmann,
zu der Familie S. Frau S. musste ihm alles, was vorgefallen
war, erzählen, und dann versuchten sie alle, am Tische
sitzend und in der bekannten Art die Hände auflegend,
Manifestationen zu erzielen. Als nach drei viertelst findigem
Sitzen sich nichts ereignen wollte, empfahlen sich die Herren
mit dem Versprechen, mit einem Medium Freitag wiederzukommen
, was aber nicht geschah.
Auch Herr Dr. Müller machte der Familie einen
Besuch und kam nicht wieder.
Seit dem Tischsitzungsabend fing es erst recht an zu
rumoren. Kaum ist Frau & im Bett, so wird sie mit dem
Unterbett hin- und hergewiegt und fortwährend gestochen.
Eine Stimme sagt: — „Kieck mal da!" — Erschrocken
fängt sie an zu beten, und beide Ehegatten hören Töne
wie das Spielen einer Mundharmonika. Tags darauf beim
Kaffeetrinken hat Frau S. bei jedem Schluck das Gefühl,
als tränke sie Spinnengewebe. Es klopft fortwährend an
die Flurthür, die Hängelampe fängt wieder an zu schwingen,
und Frau S. wird öfter kalt angeblasen. In der Nacht
wird Frau S. mit einem Rucke geweckt. Tritte kommen
zu ihrem Bett, und als sie schreien will, drückt eine Hand
ihr die Kehle zu, lässt aber sofort wieder los. In der
folgenden Nacht hören beide Eheleute Skandal auf der vom
Hofe zu ihrer Wohnung führenden Kellertreppe, wie von
zwei sich streitenden und ringenden Personen, die endlich
anscheinend mit grossem Gepolter die Kellertreppe herunterfallen
und mit dumpfem Fall vor ihrer Thür liegen bleiben.
Mit einem Satz ist Herr & aus dem Bett, hoffend, nunmehr
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