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du Prelt Gfebt es WarnungstrSume? 243
auch im Gehirn einen tieferen Eindruck gemacht haben,
nach dem Erwachen auch leichter erinnert werden.
Aus der Erfahrungstatsache, dass sich Wahrträume
so häufig auf drohendes Unglück beziehen, gewinnen wir
also immerhin Anhaltspunkte für die Definition des
transscendentalen Subjects. Es muss ein an sich bewusstes,
wenngleich uns unbewußtes Wesen sein, welchem auf uns
unbekannte Weise Vorstellungen zufliessen. Diese
Vorstellungen sind ihm aber nicht gleichwertig, wie etwa
einem Spiegel, sondern es wird davon verschiedengradig
erregt, und je nach der Wichtigkeit, welche solche
Vorstellungen für den mit dem transscendentalen Wesen
solidarisch verbundenen irdischen Menschen haben, überträgt
es dieselben auf das Gehirn des letzteren. Das transscen-
dentale Subject ist demnach erkennend, fühlend und
wollend.
Seine solidarische Verbindung mit dem irdischen
Menschen ist der Grund, warum wir beim transscendentalen
Subject ein Interesse für die Schicksale der irdischen
Person voraussetzen, und zwar gewiss mit Recht, wiewohl
die Interessen unserer beiden Wesenshälften durchaus
nicht identisch sind. Aus dem gleichen Grunde nun
glauben wir auch Wahrträume, die sich auf drohendes
Unglück beziehen, als Warnungsträume bezeichnen zu
dürfen. Um so mehr glaubte man dazu berechtigt zu sein,
als sie der Form nach in der That häufig Warnungen
sind, die von irgend einer in unserem Traum auftretenden
Figur ausgesprochen werden. Aber gerade dieser scheinbar
so triftige Grund beweist gar nichts. Da nämlich das
Gehirn das Ferngesicht nicht erzeugt, sondern empfängt,
und zwar aus seinem Unbewussten, d. hu dem transscendentalen
Bewusstsein, so läsöt sich vorweg erwarten, dass solche
Träume häufig jene Form zeigen werden, die überhaupt
beim Auftauchen von Vorstellungen aus dem Unbewussten
ins Bewusstsein so häufig ist: die dramatische Spaltung des
Ich, Das Traumbewusstsein scheint es irgendwie zu
empfinden, dass die Erkenntniss der Zukunft nicht aus ihm
selbst stammt, und diese Empfindung drückt die in Bildern
sich bewegende Traumphantasie so aus, dass sie die in der
That nur transscendentale Quelle des Ferngesichts in eine
fremde Quelle verwandelt. Sie legt das Ferngesicht als
Warnung in einen fremden Mund, oft lässt sie einen Verstorbenen
als Warner auftreten, und so entstand die Theorie,
dass Geister uns im Traume warnen.
Wie wir nun aber gesehen haben, sind selbst Träume,
in welchen wir thatsächlich gewarnt werden, darum noch
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