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Kurze Notizen. 365
diese Stelle mit Laistner wörtlich verstehen, „dass sie die
Furchtsamen über die nächtlichen Anfechtungen des Alps,
den Alppfeil, der am Tage fliegt, die in der Dämmerung
schleichende Pestfrau und den Mittags-Dämon beruhigen
wolle. Denn die Bibel kennt bereits sehr genau jene Sorte
von Dämonen, um die es sich hier handelt, und spricht an
verschiedenen Stellen (z. B. 'S. Mos. 17, 7 und Jes. 13, 21)
von den hüpfenden Feldteufeln, die mit den
Menschenkindern buhlen. Das Wort, welches Luther mit
Feldteufel übersetzt hat, lautet im hebräischen Text
Seirim und bedeutet ein zottiges, haariges Wesen, den
bocksbeinigen Panisken und Faunen der Griechen und
Römer, den Skraten oder Schi aten der Slaven und Deutschen
entsprechend. So gut aber die Juden den Glauben der
europäischen Völker an die Faune und Schrate theilten,
werden sie auch d?n an die Mittags-Dämone gehabt haben,
so dass wir den Psalm völlig so verstehen dürfen, wie er
lautet." — Nun, wir würden doch auf dem rationalistischen
Standpunkte des Herrn Garus Steine lieber unter den
Seirim oder zottigen, haaiigen Wesen eher die Feldarbeiter
umhüpfenden haarigen Hamster, Maulwürfe oder Ratten
oder springende Feld- und Blindmäuse (Sphalax tjphlus)
vermuthen, als altgermanische oder slavische Schraten. Und
diese letzteren würden wir auch weit besser auf die koboldartigen
Schattengestalten zurückführen, welche der sich
bewegende Mensch in der Mittagssonne wie im Mondschein
wirft. Das wären echte Schemen. Das hätte eher einen
Sinn, als erdichtete griechische kleine Pane anzunehmen.
Pan selbst soll nach ihm der von den griechischen Hirten
und Ackerern gefürchtete Mittagsschlaf sein, den die Alten
ausdrücklich als Alp (Ephialtes = Aufspringer) bezeichnet
hätten, dessen Wurzel aber auch auf „elph" täuschen,
betrügen, zurückgeführt werden könne. Die Alterthumsforscher
und Philologen werden dem schwerlich beistimmen,
da über Pan in neuerer Zeit ganz andere Erklärungen und
Deutungen im Schwange sind, wonach man unter ihm den
das All, alle Felder und Wälder im Hochsommer
beherrschenden Sonnengott verstehen will. Das Hüpfen
und Tanzen der Feldgeister soll nach Sterne theils auf
Traumerfahrung neckiger, stössiger Wesen, theils auf die
flimmernde Bewegung der Dinge in der Mittagshitze und
auf das Wallen der Felder sich zurückführen lassen. Auf
diese Weise Hesse sich alles in solcher Mittagshitze erklären
und verflüchten, selbst Rübezahl als Gewitter- oder Donnergott
, In allerneuester Zeit hat unser gewiegtester Novellist
Paul Heyse in seiner fesselnden Erzählung: — „In der
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