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370 Psychische Studien. XX. Jahrg. 8. Heft. (August 1893.)
es Dir denn auch mit Dreien unter ihnen gelungen ist, und
mit zweien anderen ebenso geglückt wäre, wenn Dein Orden
Dich nicht an einen anderen Ort versetzt hätte. Weil,
nachdem Du diese Weiber erkannt und der Lust mit ihnen
gepflegt, Du diese besagten Bilder wieder weggenommen
und in den Fluss geworfen, und dann dem Teufel zum
Opfer einen Papillon [Goldmünze in jener Zeit nach
du Ganges] dargebracht, und die Nähe desselben durch
einen Wind oder in sonstiger Weise gefühli hast, dabei
glaubend, die Bilder hätten die Kraft, die besagten Frauen
zu Deiner Liebe zu zwingen, oder, wenn Sie nicht zustimmen
wollten, sie durch die Dämonen zu peinigen. Weil, nachdem
Du einst eines dieser Bilder an den Bauch geschlagen hast,
Blut geflossen ist u. s. w." — Dieser so entsetzlich übersetzte
Bericht wurde, wie Görres bemerkt, ihm nach den Akten
der Pariser Bibliothek von Böllinger ^ der auch noch einige
andere Excerpte, die ihm wenig Ehre machen, für
die christliche Mystik lieferte, mitgetheilt. Es ist in demselben
, wie man sah, auch davon die Rede, dass ein
„Liebeszauber" durch die Bilder hervorgerufen werden
kann. — Das, was Görres über den „Liebeszauberu und
das „Nestelknüpfen", diese beiden Arten magischen Fernwirkens
, die, wenn man den alten Erzählungen glauben
will, wirklich früher gebraucht worden sein sollen, sagt, ist
vielfach von Interesse, jedoch will ich hier speciell den
„Bilderzauber" behandeln, und muss mir deshalb dieses
Kapitel für einen anderen Vortrag aufsparen. Aehnliehe
Schilderungen, wie die soeben gegebene, finden sich häufig
in den Schriften der Exorcisten; auch die Autoren Sprenger
(„Malleus Maleficarum" P. I. Qu. I. cap. 12) und der Arzt
Zacutus („Prax. med. mirab." 2. III. obs. 139) berichten
über diese Art des Zaubers. Der katholische Mystiker
bemerkt vorsichtig, dass alle diesbezüglichen Berichte wohl
nicht so rein ausgemittelt und klar dargelegt seien, dass
man auf sie irgend ein verlässliches Urtheil begründen
könnte. Das ist wohl richtig. Besonders mittelalterliche
Inquisitionsberichte sind immer mit Vorsicht aufzufassen,
und es wäre nur zu wünschen, dass Görres dies nicht nur
mit Bezug auf die Erzählungen vom „Bilderzauber", sondern
auch im Allgemeinen bei der Ausarbeitung seiner
„Dämonologie" beherzigt hätte. Alle Wahrheit wird man
aber den Erzählungen doch wohl nicht absprechen können,
zumal auch im Alterthum und in der byzantinischen
Geschichte sich ähnliche vorfinden.
Zur Erklärung der Möglichkeit des geschilderten
Zaubers schreibt Corres: — „Das Bild soll eine Art von
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