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374 Psychische Studien. XX. Jahrg. 8. Heft. (August 1893.)
er aus "Wachs einen weiblichen Körper und schrieb darauf
den Namen der Olympias.
Und nachdem er eine Lampe angezündet hatte, goss er
den Saft der Kräuter über die Wachsfigur und beschwor
die dazu bestimmten Dämonen, so dass Olympias ein
Traumbild(!) erblickte. Sie sieht in jener Nacht, wie der
Gott Ammon sie umarmte und, nachdem er von ihr aufgestanden
war, zu ihr sagte: — „Weib, in Deinem Leibe
trägst Du ein männliches Kind, welches Dein Rächer
werden wird." —
Bei der Erzählung von Nectanebus dürfte gar Manchem
der Gedanke aufsteigen, dass die Nachahmung seiner Magie
in unserer Zeit den Fürsten aufs angelegentlichste empfohlen
werden kann.
Wenn dieselben eine Vernichtung der Nationalfeinde
in dieser Art anstreben würden, könnten keine Klagen über
Militarismus mehr laut werden. Man könnte Heer und
Flotte entbehren und käme nicht in Gefahr, den Reichstag
auflösen zu müssen, weil derselbe weitere 500,000 Mann für
Kriegszwecke nicht bewilligen mag. Das durch Aufhebung
des Militärbudgets ersparte Geld könnte man besser Vereinen
für spiritualistische und magische Forschung zuwenden, und
würde auf diese Weise der Menschheit den grössten Dienst
erweisen können.
Der Bericht, dass Zauberkräuter ins Wachs gemischt
wurden, stimmt mit vielen auf den Bilderzauber bezüglichen
aus dem Mittelalter. Dass ihre Kraft, Hallucinationen zu
erzeugen, sich (wohl durch das psychomagnetisehe Fluidum)
in die Feme übertragen lasse, wird gleichfalls in den
Erzählungen aus dieser Zeit behauptet. Natürlich können
wir heutzutage deren Wahrheitsgehalt nicht mehr feststellen,
wir müssten denn ähnlich experimentiren, was jedoch eine
höhere Moralität in diesem Falle nicht gestatten würde.
Nachschrift II.
Geehrtester Herr Redacteur der „Psych. Stud/M
Die Frage des Bilder zaubers hat in der Zwischenzeit
die grössten Tageszeitungen von Paris beschäftigt. „Gil
Blas" und „Figaro" haben behauptet, der Fürst des Rosen-
kreuzerordens in Paris, Stanislas de Guaita1 und der Leiter
der „katholischen" Rosenkreuzer, der phantasiereiche Sar
Peladan, hätten den kürzlich verstorbenen „König der
Exorcisten", Abbe Boullan, durch schwarze Magie, indem
sie sein Wachsbild durchstachen, ins Jenseits befördert!
Und der Verfasser von „Lä Bas", Huysmans, erklärte, die
Magier schickten ihm allabendlich böse Geister, von deren
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