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386 Psychische Studien. XX. Jahrg. 8. Heft. (August 1893.)
so charakteristischen Felsbildungen an den Seiten nach der
Stadt und dem Gebirge zu, mit seinem wohl Jahrhunderte
alten Wahrzeichen, der Kiefer mit dem abgebrochenen
Wipfel, die mit ihrem einen windgedrehten langen Seitenaste
wie eine wallende grosse Fahne aussah, und einem in deren
.Nähe befindlich gewesenen tiefen Brunnen. Unterhalb dieser
SSO-Spitze des Breiten Berges führte wohl die älteste Heer-
und Pilgerstrasse von Jauer über die Dörfer Seckerwitz,
Kalthaus, Häslicht und Pilgramshain nach Siriegau, Auf
dem Berge selbst mögen schon die germanischen Urbewohner
des Landes, wie die späteren slawischen Einwanderer, ihre
Götterfeste gefeiert, ihre Opfer dargebracht, ihre Todten
verbrannt und begraben haben, weil man nach Lehrer
Zimmermann1 s Schrift: — „Die Striegauer Berge in naturwissenschaftlicher
und geschichtlicher Beziehung" (1884)
38 S. 8° — S. 14 ff. viele thonerne Scherben, kleine Urnennäpfchen
; Bronzen und Braeteaten, sogar Steinkugeln
daselbst gefunden hat. Der bis jetzt stehen gebliebene
NNW-liche Rest enthält noch an seiner Nordwestseite die
sagenberühmte Templerhöhle in ihrer über sechs Jahrhunderte
langen Verwilderung und Verschüttung.
Wenn man von der .Nordspitze dieses Berges nach
der nahen A\ estseite des St. Georgenberges zu geht, gelangt
man etwa 1500 Schritte weit am Fusse desselben m
einen uralten, tiefen Basalt-Steinbruch, aus dem mein jedenfalls
das Material zuerst zur Templerveste und später zur
1250 im Bau begonnenen, dem Kölner Dom altersgleichen,
höchsten gothischen Johanniter-Kirche Schlesiens in Striegau
entnommen hat, und in welchem Steinbruche der seiner Zeit
vielgefeierte angebliche Leibarzt des Kaisers Rudolf IL,
Dr. med. Johannes Scvlletas {Schulz), genannt Irimontanns
(der von den dreiBergenStammende),in den Jahren 15)0—1568
die 200 Jahre lang medicinisch berühmt gebliebene „Terra
Sigillata" oder Siegelerde (Bolus) entdeckte, die man als
heilkräftige Arznei sammelte und, bei ihrer ursprünglich
wachsweichen Beschaffenheit mit dem Stadtsiegel bedruckt,
an Wallfahrer zur uralten, schon lange vor der Tatarenschlacht
existirenden, wunderthätigen Striegauer Mutter
Gottes aus Sandstein, an Aerzte und Apotheken in kleinen
runden Platten weit und breit hin verkaufte. In meiner
Jugend hiess dieser Steinbruch die „Sigillat-Grube", um
1550 aber die „alten Goldgruben." Von diesen^ über-
lebensgrossen, sandsteinernen Gnadenbilde wird in der
Richter1 sehen Stadt - Chronik berichtet, dass es zur
Zeit der Tatarenschlacht 1241 vermauert und erst 1303
zunächst einem Priester in einer Vision und dann durch
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